Veggie-Wiesn? Was geht - und was nicht!
Sie kommen aus der Mode, die Schweinswürstl. Fast 60 Prozent weniger als im Vorjahr wurden davon an den ersten Tagen der heurigen Wiesn verkauft.
Dafür werden fleischlose Gerichte immer beliebter. Zum einen, weil immer mehr Menschen ohnehin vegetarisch oder vegan leben. Zum anderen aber auch, weil spätestens jetzt, am Ende der ersten Festwoche, auch viele Hendl-Verehrer genug vom Grillgeflügel haben. Das merken die Wirte – und passen ihr Angebot an.
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Die Zahl der Gerichte, die ohne Fleisch oder ganz ohne tierische Produkte auskommen, wächst auch auf dem Oktoberfest. Immerhin 18 vegane Mahlzeiten stehen heuer auf den Speisekarten. Die Wiesn-Gastronomen lassen sich neue Gerichte einfallen oder bereiten Klassiker auf Veggie-Art zu. Mal richtig gschmackig, mal eher unerfolgreich. Die AZ hat die Veggie-Wiesn getestet und zeigt, wo es schmeckt. Und wovon man vielleicht auch besser die Finger lassen sollte, selbst wenn man gerade keine Lust auf Hendl hat. Oder auf Schweinswürstl.
Gradaus und richtig gut
Da hat es jemand verstanden: Statt krampfhaft zu imitieren und Ersatzzutaten zu suchen, einfach Gerichte servieren, die von Haus aus vegan sind. Zum Beispiel gegrilltes Gemüse, knackig und aromatisch, mit Olivenöl und Pesto auf Tomatensoße, dazu knuspriges Baguette (17 Euro). Oder ein Thai-Curry mit Reis, das zwar ein bisschen zu sämig und mit zu viel Anstand gewürzt daherkommt, aber eben ohne Verrenkungen ein gutes, veganes Gericht ist (22,50 Euro).
Die Küche der Familie Kuffler im Weinzelt lehnt sich bei den Veggie-Gerichten nicht tollkühn aus dem Fenster, sondern ist lieber gradaus – in hoher Qualität. Außerdem im Angebot: Spinat-Ricotta-Tortellini und viel Kas – beides bio.
Wo es viel Auswahl gibt
Das Herzkasperl-Zelt hat ein großes vegetarisches und veganes Angebot, von Knödelgröstl und Schupfnudeln bis Sojamedaillons mit Schwammerlsoße und Sellerieschnitzel. Auch ein Gemüse-Soja-Gulasch mit Spätzle ist dabei. Das Gericht kostet 14 Euro – und überzeugt zur Hälfte. Das Gulasch schmeckt vorwiegend nach Paprika und recht würzig.
Die Soja-Stücke haben guten Biss und sind ebenfalls gut gewürzt. Reichlich Gemüse ist auch drin. Das lässt man sich schon eingehen. Bei den Spätzle sieht es leider anders aus. Da fehlt, was Spätzle ausmacht: das Ei.
Die Nudeln schmecken fad und sind etwas verkocht. Außerdem sind sie natürlich auch nicht in Butter geschwenkt. Da wären andere Nudeln einfach besser gewesen.
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Nicht mal was für Grüne
Ein Verkaufsschlager ist dieses Gericht im Schottenhamel-Zelt nicht. Das liegt nicht nur am etwas sperrigen Namen (Kräuter-Maiskücherl auf Erbsen-Minzpüree mit Gartenkresse verfeinert, dazu Gratin von der blauen Kartoffel) oder am Preis (14,90 Euro) – sondern auch am Geschmack.
Der Teller der SPD-Stadträtin, die sich das Gericht gegen den Rat des Kellners in die Ratsboxe bestellt, wird nur deswegen leer, weil die Tischnachbarn auch mal probieren wollen, wie greislig das unappetitlich aussehende Gratin schmeckt. Das Maiskücherl, das außerhalb der Wiesn einfach Polenta hieße, ist fest und fad.
Heiter wird es immerhin, als der Kellner beim Abräumen erzählt, er habe das Gericht zuvor erst ein einziges Mal verkauft: an Sabine Nallinger, die letzte OB-Kandidatin der Grünen – und die habe es gleich komplett zurückgehen lassen.
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Lieber nicht: Tofu-Wurst
Ewig währt die Diskussion, ob es vegetarische Wurstspezialitäten geben muss. Der Versuch, Leberkäs, Bratwurst oder Holzfällersteak vegetarisch zu machen, geht meistens schief. Auch bei den beiden Tofu-Bauernknackern für 5,50 Euro aus der Bratwurst Hüttn, die zwischen Hühnerbraterei Ammer und Märcheneisenbahn steht. Sie kommen zwar in einer reschen Semmel daher, aber beim Reinbeißen knackt nichts. Das dominante Paprika-Aroma soll vermutlich über die staubige Konsistenz hinwegtäuschen.
Was stattdessen geholfen hätte: sehr viel Tomaten-Ketchup. Aber bei dem ist es nicht immer sicher, ob’s vegan ist. Wer Fleisch liebt, kann an diesem Stand sicher besser essen.
Vegane Urkorn-Pflanzerl
Quinoa – so heißt das gesunde Trend-Gewächs aus Südamerika, das auf immer mehr Speisekarten zu finden ist. Im Winzerer Fähndl gibt es drei „Fleisch“-Pflanzerl aus dem getreideähnlichen Korn. Ihr Vorteil: Auch Menschen mit Glutenintoleranz (Getreideunverträglichkeit) können ohne Bedenken zulangen. Optisch macht der vegane „Wald- und Wiesensalat mit Himbeer-Linsen und Quinoa-Pflanzerl“ (18,50 Euro) viel her. Und gut schmeckt er auch.
Die warmen Himbeer-Linsen unter den Pflanzerln machen sie schön saftig. Zum bunten Salat, in dem auch etwas Minze ist, gibt es ein würziges Dressing – natürlich auch vegan.
Für das „Wald“ im Wiesensalat sorgt eine großzügige Portion Pfifferlinge. So geht vegane Wiesn.
Leberkas desaströs
Er ist greislig und schmeckt auch so. Anders kann man es einfach nicht sagen.
Der vegane Leberkas, den es bei Feinkost Anthuber in der Wirtsbudenstraße gibt, ist für 3,50 Euro die gepresste Geschmackskapitulation.
Da reiben sich künstliche Aromen unbestimmbar auf engstem Gummifaserraum. Im Abgang kommt zur Krönung noch was Bitteres durch. Das können auch eine resche Semmel und die Essiggurkerl nicht retten.
Also: unbedingt bleiben lassen. Wer aber Fleisch mag, kommt an diesem Standl wesentlich mehr auf seine Kosten.
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