Unterwegs mit der Wiesnstreife: Halbmarathon über die Wiesn

Eine Einsatzgruppe der Polizei auf dem Oktoberfest: Sechs Männer und eine Frau, die sich blind aufeinander verlassen können müssen.
Ralph Hub
Ralph Hub
|
X
Sie haben den Artikel der Merkliste hinzugefügt.
zur Merkliste
Merken
5  Kommentare
lädt ... nicht eingeloggt
Teilen  AZ bei Google News
Luise ist mit der ganzen Familie zum Bummel über die Wiesn gekommen. Sie wünscht sich ein Erinnerungsfoto mit der Wiesnstreife.
Luise ist mit der ganzen Familie zum Bummel über die Wiesn gekommen. Sie wünscht sich ein Erinnerungsfoto mit der Wiesnstreife. © Daniel von Loeper

München - Der junge Mann aus Italien hat zweifelsohne ein paar Maß zu viel getrunken und dazu noch jede Menge Temperament. Das bekommt die Toilettenfrau hinter dem Weinzelt zu spüren. Ihrer Kundschaft geht der Schreihals auch auf die Nerven. Sie rufen die Polizei.

Ein Beamter nimmt den wild gestikulierenden Italiener beinahe freundschaftlich an der Hand und redet auf ihn ein. Der Polizist aus München spricht kein Italienisch, der Tourist kein Deutsch. Kommunikation schwierig. Oberkommissar Stefan (41), der Gruppenführer der Wiesnstreife, findet trotzdem den richtigen Ton: "Gestritten wird hier nicht, du gehst jetzt nach Hause, finito".

Alle Wiesnstreifen haben mindestens eine Frau im Team

Es grenzt an ein kleines Wunder, aber es funktioniert. Der nicht mehr ganz standfeste Italiener trollt sich. Seine beiden Freunde nehmen ihn in die Mitte, gemeinsam wanken sie in Richtung Ausgang. "Na bitte, geht doch", sagt Stefan zufrieden, "man muss nur den richtigen Ton treffen, das ist die ganze Kunst."

Kaum hat sich die Gruppe, sechs Männer und eine Frau, wieder formiert, kommt ein älterer Herr in Tracht auf die Beamten zu. "Vor dem Geisterpalast steht ein Mädchen mit Downsyndrom. Sie hat im Gedränge ihre Eltern verloren", erzählt er. Paulina, 25 Jahre alt und Polizeimeisterin, kümmert sich um sie, fragt, ob sie ein Handy hat, eine Kontaktnummer oder Ähnliches. Von Frau zu Frau redet es sich viel entspannter, deshalb haben alle Wiesnstreifen immer mindestens eine Frau im Team.

Lesen Sie auch

Lesen Sie auch

Illegaler Drohnenflug über dem Oktoberfest

Plötzlich muss sich die Gruppe aufteilen. Während sich einige Beamte weiter um das Mädchen kümmern, startet schon der nächste Einsatz: Ein Wachmann meldet eine Flugdrohne über dem Geisterpalast. Stefan und drei Beamte rennen auf die Rückseite der Geisterbahn. Doch vom Drohnenpiloten ist weit und breit nichts mehr zu sehen. Die Drohne ist auch weg. Aus gutem Grund, wer erwischt wird in der Flugverbotszone, zahlt ein saftiges Bußgeld.

"Das ist heute noch ein ruhiger Tag, nichts was bei uns den Puls hochtreibt", sagt der Oberkommissar und lacht dabei übers ganze Gesicht. Die meisten, die am Donnerstagnachmittag auf der Wiesn unterwegs sind, sind völlig entspannt. Es ist warm, die Sonne scheint und alle sind gut drauf. "Ich glaube, es sind weniger Besoffene unterwegs als in früheren Jahren", sagt Sebastian (31) und Polizeiobermeister.

Manche Besucher wollen ein Foto mit den Polizisten

Ein Mädchen im Dirndl kuschelt sich regelrecht an die Wiesn-Truppe. "Dürfen wir ein Foto mit euch machen", fragt Luisa. Sie ist mit ihrem Freund, ihren Eltern und der Oma auf der Wiesn. "Ihr macht einen echt tollen Job", lobt sie die Beamten. Im Hintergrund meldet sich der Vogeljakob zu Wort: "Ihr seids spitze", ruft er, "ohne eich gab's de Wiesn ned."

Sieben Polizisten im Häusl vom Vogelpfeifer.
Sieben Polizisten im Häusl vom Vogelpfeifer. © Daniel von Loeper

Zu siebt quetschen sich die Polizisten in das kleine Häusl vom Vogelpfeifer. Drei gut aufgelegte Herren aus Italien betteln regelrecht darum, festgenommen zu werden. Für ein bisserl Spaß ist auf der Wiesn meist doch noch Zeit.

Nur zur Gaudi: "Bitte einmal festnehmen."
Nur zur Gaudi: "Bitte einmal festnehmen." © Daniel von Loeper

Die Polizisten beim "Hau den Lukas"

Der Chef vom "Hau den Lukas" lädt die Beamten ein, den Hammer zu schwingen. Bei Sebastian saust das Gewicht nicht ganz so hoch, beim Kollegen Marco klingelt es zweimal. "Da hast mich ganz schön alt aussehen lassen", frotzelt der Polizeiobermeister. Die sieben kennen sich gut, sind bei der 14. Hundertschaft im Präsidium München ein Team und auf dem Oktoberfest 17 Tage im Einsatz.

Lesen Sie auch

20 Kilometer an einem Tag

Gut 20 Kilometer sind sie am Mittwoch über die Wiesn gelatscht. Am Donnerstag etwas weniger, weil sie den AZ-Reporter im Schlepptau hatten. Am Freitag sind sie wieder auf der Wiesn unterwegs. Abends bis 22 Uhr geht ihre Schicht. Dann wird's stressiger, denn je später, umso mehr Leute sind unterwegs und umso mehr Promille sausen durchs Blut.

Gerauft wird auf der Wiesn noch immer vor allem abends. Aber weniger als früher, zumindest war es so in der ersten Woche. Abwarten, ob es so bleibt.

Lädt
Anmelden oder registrieren

Zum Login
Zu meinen Themen hinzufügen

Hinzufügen
Sie haben bereits von 15 Themen gewählt

Bearbeiten
Sie verfolgen dieses Thema bereits

Entfernen
Um "Meine AZ" nutzen zu können, müssen Sie der Datenspeicherung zustimmen.

Zustimmen
 
5 Kommentare
Bitte beachten Sie, dass die Kommentarfunktion unserer Artikel nur 72 Stunden nach Veröffentlichung zur Verfügung steht.
  • Der wahre tscharlie am 23.09.2022 15:36 Uhr / Bewertung:

    Guter Artikel über die Wiesn-Polizei.

  • GüMik am 23.09.2022 19:15 Uhr / Bewertung:
    Antwort auf Kommentar von Der wahre tscharlie

    Möchtest du, wie übrigens so oft, die AZ loben oder die Beamten* der Wiesenwache?

  • Radlrambo am 23.09.2022 14:23 Uhr / Bewertung:

    Diese Wiesn-Uniform sieht aus wie aus dem Y.M.C.A.-Song (Village people); und dazu diese knallengen Hosen...

merken
Nicht mehr merken
X

Sie haben den Inhalt der Merkliste hinzugefügt.