Unterschank auf dem Oktoberfest: Kontrolleur verrät, wie schlecht Maßkrüge auf der Wiesn München gefüllt sind

Ist genug Bier im Maßkrug? Das checken Kontrolleure des KVR jedes Jahr auf dem Oktoberfest in München. Aber wie funktioniert das genau?
von  Carmen Merckenschlager
Mit einem geeichten Messstab kontrolliert Meier, wie voll die Maßen auf der Wiesn sind. Bei 15 Millimeter unter dem Eichstrich spricht man von "Unterschank".
Mit einem geeichten Messstab kontrolliert Meier, wie voll die Maßen auf der Wiesn sind. Bei 15 Millimeter unter dem Eichstrich spricht man von "Unterschank". © Sigi Müller

München - Die Bedienung knallt eine frischgezapfte Maß auf den Tisch, Vorfreude, man packt den schweren Henkel und dann die Enttäuschung: Die Maß ist gerade mal halbvoll. In vielen Zelten steht auf Schildern geschrieben, dass der Gast das gerne monieren dürfe, dann wird nachgeschenkt – oder "nachgeschänkt", wie die AZ ebenfalls schon gelesen hat.

Wie viele internationale Gäste, die vielleicht auch vorher schon ein bis vier Maß hatten, das dann auch tun, lässt sich schwer sagen. Zahlen zum sogenannten Unterschank gibt es aber jedes Jahr. Die erhebt das Kreisverwaltungsreferat (KVR). Bei der letztem Wiesn war laut der Behörde jeder dritte Krug zu schlecht gefüllt.

39 KVR-Mitarbeiter kontrollieren, ob die Maßkrüge auf der Wiesn ordentlich gefüllt sind

Um das festzustellen, sind extra so genannte Einschankkontrolleure im Einsatz. Einen der insgesamt 39 Männer und Frauen hat die AZ getroffen. Allerdings anonym, denn bei den Kontrollen im Zelt darf der schließlich nicht sofort erkannt werden. Der AZ gibt er dennoch einen Einblick in seine Arbeit. Stefan Meier (61, Name von der Redaktion geändert) ist seit 15 Jahren als Kontrolleur dabei. "Mir ist wichtig, dass die Qualität stimmt und die Leute für ihr Geld auch etwas bekommen. Eine Maß kostet schließlich Geld", sagt Meier.

Damals sei er von der Dienststelle aufgefordert worden, seine Stelle im KVR für ein paar Mal zu verlassen und stattdessen auf der Wiesn die Füllmenge der Maßkrüge zu kontrollieren. "Das habe ich gerne gemacht und mache es heute noch. Ich bin gerne im Geschehen, bin gerne unter Leuten", sagt er.

Für die Maßkrug-Kontrolleure auf dem Oktoberfest gelten genaue Vorgaben

Aber wie sieht die Arbeit eines Einschankkontrolleurs eigentlich aus? Muss Meier anonym selber unzählige Maßen bestellen? "Nein, nein, ich bestelle überhaupt nix", sagt er. Stattdessen geht Meier direkt an die Schenken, hält dort die Bedienungen auf und zückt seinen Dienstausweis.

Dabei muss er sich an genaue Vorgaben halten. Mindestens fünf Krüge muss die Bedienung dabei haben. Die werden dann abgestellt – für exakt vier Minuten, damit sich der Schaum legt – und dann zückt Meier seinen Messstab. Den hält er an den Eichstrich und misst millimetergenau, wie viel Bier im Krug ist. Ein Unterschank liegt dann vor, wenn der Krug nur bis 15 Millimeter unter dem Strich mit Bier gefüllt ist.

"Jetzt reißt's euch aber zam": Beim Unterschank kann der Kontrolleur fuchsig werden

Wie oft das in den letzten Jahren vorkam, dazu kann Meier nichts sagen, denn: "Ich gebe die Zahlen nur durch, für die Auswertung bin ich nicht verantwortlich." Sobald der Kontrolleur nämlich gemessen hat – sie sind immer in Zweierteams unterwegs – wird der Füllstand genau notiert. Der Schankkellner muss unterschreiben, genauso wie der Geschäftsführer des Bierzelts.

Ob er schon mal angepflaumt wurde bei einer Kontrolle? "Mei, eigentlich nicht. Einmal wurde ich von einer Bedienung mit vielen Krügen einfach wieder aus der Schänke rausgeschoben. Aber sonst sind alle recht freundlich", findet Meier. Genauso wie er selbst. Nur wenn der Unterschank mal ganz extrem vorhanden war, entwischte Meier schon mal ein "Geh, jetzt reißt's euch aber zam", erinnert er sich.

In manchen Festzelten kennt man die Wiesn-Kontrolleure schon

Sechs bis acht Zelte schaffen Meier und seine Kollegin im Schnitt pro Tag. Welche Zelte sie besuchen müssen, bekommen sie vorgegeben. Neben den großen schauen sie auch in den mittleren Zelten vorbei. Unangekündigt, versteht sich. Dabei sind immer wechselnde Teams unterwegs. In machen Zelten kennt man Meier schon. "Dann geht der Flurfunk los, wenn ich komme", sagt er.

Dennoch seien aber alle kooperativ. Schließlich stellt das KVR am Ende des Oktoberfestes die Ergebnisse vor und informiert die Wirtinnen und Wirte auch persönlich. Wenn Meier selber auf die Wiesn geht, trennt er Berufliches und Privates strikt, wie er sagt: "Das fällt mir auch insofern leicht, weil ich selber am liebsten Weizen trinke."

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