Trinkgeld-Flaute: Großer Ärger der Wiesn-Bedienungen
München - Die Antwort fällt ziemlich knapp aus. „Mit einem Wort: Scheiße“. Mehr wollen die Damen nicht sagen. Namen? Bloß nicht, der Chef habe Interviews verboten. Die Bedienungen im Hofbräu sagen deshalb nur anonym, was ihnen richtig stinkt: 25 Cent Trinkgeld bekommen sie in diesem Jahr pro Maß – für sie eher ein Almosen. „Es ist heuer wirklich ganz schlecht.“
Das fette Jahr war 2012:
Vergangenes Jahr bekamen die Bedienungen bei Bierpreisen von 9,10 bis 9,50 Euro im Schnitt 50 bis 90 Cent Trinkgeld pro Maß. Heuer kostet ein Bier in den großen Zelten aber mindestens 9,60 Euro, im Armbrustschützenzelt, im Löwenbräu und in der Schottenhamel-Festhalle gar 9,85 Euro.
Die allermeisten Gäste runden natürlich auf zehn Euro auf, und das heißt das für die Kellner: 15 bis 40 Cent Trinkgeld pro Maß.
„Des haut scho eini“, sagt eine Frau im Armbrustschützenzelt. Sie rechnet vor: 15 Cent bekommt sie dieses Jahr pro Bier, 2012 waren es 65 Cent. „Wenn ich jetzt in einer Wiesn 5000 Maß serviere, macht des Fuffzgerl heuer 2500 Euro weniger.“ Harte Zahlen, die auch über das schöne Wetter nicht hinwegtrösten: „Wegen der Gaudi arbeitet koana“, sagt sie.
Sie sind nicht die einzigen, die maulen.
• „Passend zur Eurokrise“, sagen Bedienungen im Schottenhamel, wo die Maß 9,85 Euro kostet.
• „Katastrophe. Das haut ordentlich rein“, sagen zwei Burschen vom Hacker-Zelt (9,80 Euro).
• „Man muss das mit Galgenhumor nehmen“, sagt eine Bedienung aus der Fischer-Vroni (9,80 Euro).
• „Trinkgeld? Es gibt keins“, schimpft auch die Christa aus der „Bräurosl“ (9,80 Euro).
Die 57-Jährige, die seit 22 Jahren hier im Biergarten kellnert und von vielen Stammgästen „Big Mum“ genannt wird, muss wieder an das Jahr denken, in dem die Maß 8,80 Euro kostete. „Da haben die meisten auch bloß neun Euro gegeben. Aber du kannst koan zwinga“, sagt Christa. Ihre Kollegen Kerstin, Franz und Christian nicken. „Trinkgeld ist immer noch eine freiwillige Leistung“, sagt Franz.
Oft ein Problem: Viele kommen mit Scheinen im Geldbeutel auf die Wiesn – „die meisten haben kein Kleingeld dabei“, sagt eine Bedienung im Augustiner. Dass einer noch eine Euromünze drauflege – „ah! Von wegen!“ Löwenbräu-Festwirt Wiggerl Hagn beschwichtigt allerdings: „Das passt schon. So schlimm ist es nicht.“
Für die Bedienungen ist die Zehn das Hauptproblem:
„Das ist einfach eine Hemmschwelle“. Wenn’s nach dem Willen von OB-Kandidat und Wiesn-Chef Dieter Reiter geht, soll die auch 2014 stehen.
Deshalb hoffen viele Bedienungen auf den Tabu-Bruch: „Zwei Jahre hintereinander unter zehn Euro“ – da stöhnen die zwei Burschen vom Hacker laut auf. „Das“, sagen sie, „wäre wirklich hart.“