Stadträte auf der Wiesn: Politik in Lederhosn

München - Die CSU-Stadträtin Kristina Frank im pinken Dirndl, Grünen-Chef Florian Roth nebst seiner Rathauskollegen auf der Bierbank und die Münchner SPD nach dem Anzapfen in der Ratsboxe. Man muss nicht lange erklären, in welchem Umfeld diese auf Facebook dokumentierten Szenen entstanden sind. Na klar, auf der Wiesn. Wo sonst?
Die ganze Welt trifft sich auf dem Oktoberfest. Da macht auch Münchens politische Elite keine Ausnahme. Stadträte, Landtagsabgeordnete, Vertreter aus Berlin – alle sind unermüdlich auf dem Festgelände unterwegs. Und wenn man dann bei einer Maß zusammenhockt, egal ob verabredet oder rein zufällig, dann wird freilich auch politisiert.
Lesen Sie hier alle Meldungen rund um das Oktoberfest
Das Epizentrum des politischen Wiesn-Betriebs ist dabei besagte Ratsboxe im Schottenhamel-Zelt. Für die Parteien sind dort je nach Stärke im Stadtrat ein paar Tische reserviert. Für die SPD aktuell drei, für die CSU vier. Und natürlich sind die Parteien bestrebt, ihre Kontingente so gut wie möglich auszuschöpfen.
In der Ratsboxe jedenfalls ist die Politikerdichte seit jeher hoch. Schwarz, rot, grün – alle sind vertreten. Die Stimmung ist locker, der Rahmen leger: Da lassen sich natürlich wunderbar auch schwierige Themen besprechen.
„So lange man noch nicht besoffen ist, geht das hervorragend“, scherzt Michael Kuffer von der Rathaus-CSU. Und Florian Roth, der Grünen-Chef, sagt: Auch bei Politikern sei die Wiesn der Ort, „an dem das Sie schneller zum Du wird“.
In Lederhose geht Politik also viel einfacher von der Hand als im Anzug. Das bekommt man zu hören, wenn man sich unter Stadträten mal umhört. Wobei alle Befragten betonen, dass auf dem Oktoberfest natürlich keine Entscheidungen fallen.
Für eine „stringente Besprechung mit klarem Ziel“, sagt Roth, sei auf der Wiesn der durchschnittliche Alkoholpegel einfach zu hoch. Aber nach einem gemeinsamen Wiesn-Treffen sei es leichter, in formellem Rahmen weiterzuarbeiten.
Er habe sich immer dafür starkgemacht, dass die Politik aus den Bierzelten verbannt wird, sagt Helmut Schmid, der langjährige Wiesn-Stadtrat der SPD. Offizielle Parteiveranstaltungen zumindest seien laut Betriebsvorschriften seit etwa 15 Jahren verboten. „Dass an den Tischen über Politik geredet wird“, relativiert Schmid, „ist da natürlich noch einmal etwas ganz anderes.“
Richtig glücklich ist Schmid allerdings auch mit diesem Umstand nicht. Politik sei etwas viel zu Ernstes und Wichtiges, als dass man es beim Biertrinken erledigen könnte, sagt er. Aber in zumindest einem Fall hat die Wiesn auch heuer schon wieder das Fortkommen der Stadt gesichert.Wiesn-Blaulicht: Maßkrug-Schlägereien, Pfefferspray und TaschendiebeDieter Reiter (SPD) und sein Stellvertreter Josef Schmid hatten sich bekanntlich in der Sommerpause über das Flüchtlingsthema massiv verkracht. Beim Fassanstich am ersten Wiesn-Tag trafen die beiden Streithansln das erste Mal wieder direkt aufeinander – in Tracht und mit einer Maß in der Hand.
Eine klärende Aussprache soll es zwar noch geben. Seit dem Ozapft sind sich Reiter und Schmid, wie zu hören ist, aber wieder weitgehend grün. Wer weiß, wie die Geschichte ausgegangen wäre, wenn die beiden sich nach der Sommerpause erstmals wieder im Anzug begegnet wären.