Schwierige Wiesnliebe

Spätestens zur Wiesnhalbzeit kommt das Tief. Das Dirndl wird zum Rüstungs-Gwand, Outfit für den Nahkampf Theresienwiese. Nicht stecken bleiben in den Massen, nicht zu nah an die Grüngesichtigen, schnell weg, wenn’s von links ins Ohr lallt, Ellenbogen raus, wenn von rechts ein fremder Arm um die Schultern liegt, dabei die Handtasche festklammern und möglichst nicht in Erbrochenes treten.
Ich liebe die Wiesn, seit ich ein kleines Mädchen bin. Aber wie jede Liebe hat sie ihre schlechten Phasen. Die Wiesn und ich, wir streiten uns kurz, aber heftig – spätestens am mittleren Wochenende, wenn sie mir nur noch besoffene Laller und Grapscher vor die Füße wirft, die mir mein Fahrrad mal wieder kaputt getreten haben, bevor sie sich auf dem Kotzhügel darniederlegen; wenn die Biergärten abgesperrt sind und die Zelte voll wie Legebatterien. Unsere Halbzeit-Krise wird jedes Jahr schlimmer. Noch haben wir uns immer versöhnt, allerspätestens am Sonntag, wenn die Wunderkerzen in die Höhe ragen. Meist reicht ein Werktags-Bummel unter dem rosa Wolkenhimmel, der nie so kitschig ist wie hier. Ich gebe mir Mühe, lasse mich mit Touris ablichten und weise Besoffenen den Weg zur U-Bahn. Aber auch auf der Wiesn muss sich etwas tun. Ideen gibt’s genug: Bessere Platz-Chancen für die, die nicht seit Generationen eine Reservierung besitzen. Oder gar einen extra Montag, dann, wenn die Touristen ihre Koffer gepackt haben. Wäre das so schwer? Ich denke nicht. Und wir hätten eine rosige Zukunft.