Pro und Contra zum Oktoberfest in München: Magisches Wiesn-Gefühl oder einfach nur sinnloser Exzess?
München - Millionen Besucher kommen Jahr für Jahr aufs Oktoberfest, doch es gibt natürlich auch Menschen, die recht wenig mit dem größten Volksfest der Welt anfangen können. Mehr noch: Solche, die die Wiesn nicht ausstehen können und während der zwei Wochen im September und Oktober einen großen Bogen um die Theresienwiese machen.
Egal, wie man zur Wiesn steht – es gibt beide Seiten und beide Seiten haben ihre Berechtigung. Auch in der AZ-Redaktion herrschen teils gegenteilige Meinungen, wenn es ums Oktoberfest geht. Ein Pro und Contra:
Contra: Exzess und Belästigungen auf dem Oktoberfest - kaum zu ertragen
Wiesn heißt, zweieinhalb Wochen lang wieder in der S-Bahn beim Öffnen der Mülleimer überrascht zu werden und unfreiwillig in "tiefsinnige" Gespräche mit anderen Fahrgästen verwickelt zu werden. Wiesn heißt, endlich wieder knapp 15 Euro für Bier bezahlen zu dürfen und dann nicht einmal einen Sitzplatz zu haben, wenn nicht rechtzeitig reserviert wurde.
Wiesn heißt, stundenlang von fürchterlicher Musik beschallt zu werden, wenn man sich in die Zelte wagt. Dabei hat man ein frauenfeindliches Lied nach dem nächsten zu ertragen, aber ist natürlich alles nur Spaß.

Und wenn wir schon dabei sind: Wiesn heißt auch, als Frau Gefahr zu laufen, Opfer sexueller Belästigung zu werden. 55 Fälle auf dem Oktoberfest im letzten Jahr, drei davon Vergewaltigungen. Ganz zu schweigen von der extrem hohen Dunkelziffer. Kein Wunder bei der Vielzahl völlig enthemmter Besucher.
Die Wiesn ist letztendlich nur ein Abgekulte von Unmengen an Alkohol, schlechter Musik und überteuerten Preisen unter dem Deckmantel der Tradition. Exzess kann Spaß machen, aber sicherlich auch mehr Stil haben.
Maximilian Neumair
Pro: München und die ganz spezielle Wiesn-Aura
Besoffene Touristen, zu teures Bier und Gewalt, wohin man schaut: Das ist häufig alles, was Wiesn-Kritiker sehen, wenn sie vom größten Volksfest der Welt sprechen. Oft ist mir diese Sichtweise zu einseitig. Denn das Oktoberfest hat doch so viele andere und schöne Seiten zu bieten.
Denn während der Wiesn umgibt die Stadt eine ganz spezielle Aura, die es in München so nur während der "fünften Jahreszeit" gibt. Dann werden Wiesn-Fans, egal ob aus München oder vom anderen Ende der Welt (Herzlich willkommen, liebe Australier!), zu einer verschworenen Gemeinschaft, wenn sie allesamt mit reichlich Vorfreude und bester Laune auf die Theresienwiese pilgern.
Es muss auch nicht immer die stundenlange Party im Bierzelt sein. Gemütlich bei einer gut eingeschenkten Maß im Biergarten sitzen und sich nett mit den gerade noch fremd gewesenen Menschen am Tisch unterhalten – ein Traum! Auch das ist eine Seite der Wiesn. Eine Seite, die von passionierten Wiesn-Grantlern häufig außer Acht gelassen wird.

Heuer dürfte die Vorfreude bei Oktoberfest-Sympathisanten besonders groß gewesen sein: Nach zwei coronabedingten Absagen und einer nass-kalten Glühwein-Wiesn im vergangenen Jahr wurde bestes Wetter an den ersten Tagen vorhergesagt. Und so kam es auch: Über 25 Grad, blauer Himmel und reichlich Sonne am Anstich-Wochenende – der Wettergott schien's gut zu meinen. So kann's jedenfalls weitergehen!
Michael Schleicher

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