Politiker zeigen Hubert Aiwanger die kalte Schulter: Wirbel um Wiesn-Auftritt des Freien-Wähler-Chefs

München - Kommt er oder kommt er nicht? Dass Bayerns Vize-Ministerpräsident Hubert Aiwanger tatsächlich beim Anstich im Schottenhamel dabei war, hat sich erst am Freitag entschieden – da sagte der Chef der Freien Wähler nach AZ-Informationen kurzfristig zu und war dann auch zum Start des Oktoberfests dabei.
Hubert Aiwanger auf der Wiesn: "So viele Selfies wie noch nie"
"Ich bin jedes Jahr da und wollte eh kommen", gibt er der AZ vor Ort dann zu Protokoll. Er habe draußen so viele Selfies wie noch nie machen müssen. Aiwangers Terminplan ist voll: Der 52-Jährige sollte später in Bodos Kaffeezelt auflaufen.
Um Aiwanger hatte es zuletzt viel Wirbel gegeben – doch die Flugblatt-Affäre schadete den aktuellen Umfragewerten nicht. Wenige Wochen vor der Landtagswahl konnten die Freien Wähler sogar nochmal etwas zulegen.
Hubert Aiwanger: "Ich zwinge niemanden, neben mir zu sitzen"
Am Samstag saß der bayerische Wirtschaftsminister dann nicht am Tisch von Münchens Oberbürgermeister Dieter Reiter, sondern wurde vom Protokollamt der Stadt an einen CSU-Tisch beordert.

Die ebenfalls dort platzierte Münchner Kommunalreferentin Kristina Frank stand gleich auf – wegen Hubert Aiwanger, wie sie sagt. Ob es ihn stört, dass auch CSUler nicht bei ihm sitzen und nicht mit ihm anstoßen wollen? "Ich zwinge niemanden, neben mir zu sitzen. Die normale Bevölkerung will mit mir Selfies. Ich bin draußen kaum durchgekommen", sagte Aiwanger der AZ kurz nach dem Anstich.
Hubert Aiwanger auf der Wiesn: "Die CSU hält uns von Anfang an auf Abstand"
Und weiter: "Von der CSU bin ich schon die letzten Jahre nichts anderes gewohnt. Die hat uns früher auch schon gemieden. Das ist eher ein Zweckbündnis."
Auf die Frage, ob es ihn ärgere, nicht am Tisch von Markus Söder zu sitzen, antwortet er: "Ich sitze dort, wo ich schon die letzten fünf Jahre sitze. Die CSU hält uns von Anfang an auf Abstand."
Hubert Aiwanger auf der Wiesn: So läuft es mit Markus Söder
Ob er denn nochmal mit der CSU regieren möchte? "Das müssen wir nach der Wahl sehen." Hat er Lust? "Das kann ich weder bestätigen noch dementieren."
Zwischen Aiwanger und Söder kommt es zu keinem Treffen. Als der Ministerpräsident im Tross am Aiwanger-Tisch vorbeikommt, geht er einfach weiter. Einen Gruß zur Verabschiedung habe es schon gegeben, sagt Aiwanger der AZ, Söder habe ihm zugenickt. "Ein Foto mit Handschlag wollte er aber anscheinend vermeiden."
Ludwig Spaenle über Hubert Aiwanger: "Er soll die Klappe halten"
Ärgert ihn das? "Das war die letzten fünf Jahre nicht anders", so der Freie-Wähler-Chef. Wie es nach der Wahl weitergehen wird, könne er noch nicht sagen: "Na schauen wir doch mal, was passiert, wenn die CSU unter 35 Prozent fällt." Eine Zusammenarbeit mit der AfD – in welcher Form auch immer – schließt Aiwanger aber kategorisch aus. "Das wird’s niemals geben!"
Ludwig Spaenle (CSU, Antisemitismus-Beauftragter in der Landesregierung) will auf Nachfrage nicht kritisieren, dass Aiwanger eingeladen ist, aber er sagt mehrmals: "Er soll die Klappe halten. Denn langsam wird es grenzwertig." Und Florian von Brunn von der SPD ergänzt: "Klar kann man ihm nicht verbieten zu kommen, aber ich gebe Herrn Spaenle ausnahmsweise recht."
Hans Theiss über Hubert Aiwanger: "Er hat im Umgang mit der Affäre Fehler gemacht"
Aiwanger reagiert prompt: "Dass der Spaenle sagt, ich soll die Klappe halten… Was da los wäre, wenn ich das sagen würde. Ich habe ihm trotzdem die Hand gegeben."
Für CSU-Stadtrat Hans Theiss stand fest: "Ich werde nicht mit Aiwanger feiern und auch versuchen, auf keinem Foto mit ihm zu sehen zu sein. Bilder sind ja auch immer politisch. Und er hat im Umgang mit der Affäre Fehler gemacht." Bayerns Justizminister Georg Eisenreich (CSU) sagt nur: "Wiesn ist Wiesn. Politik machen wir danach wieder."
Hans-Peter Mehling, Chef der Freien Wähler im Münchner Stadtrat will auf jeden Fall "mindestens einmal mit Hubert Aiwanger anstoßen". Und sagt: "Ich habe mich gar nicht unter ihm geärgert. Es hat mich beeindruckt, wie er mit der Affäre umgegangen ist. Ich hätte schon längst aufgegeben."
Münchens IT-Referentin mit Nazi-Spruch in den Sozialen Medien
Besonders deutlich äußerte sich Münchens IT-Referentin Laura Dornheim – zumindest in den Sozialen Medien. Die 39-Jährige, die als Erste in der Ratsboxe tanzte, postete ein Selfie in ihrer Instagram-Story, auf dem im Hintergrund Aiwanger zu sehen war. In Bezug auf die Flugblatt-Affäre schrieb sie dazu vielsagend: "Nächstes Jahr pack ich mir nen 'Nazis raus' Button ans Dirndl."

Gegen 13.30 Uhr wechselte Hubert Aiwanger das Zelt, vom Schottenhamel ging's für ihn in Bodo's Cafézelt. Dort entkorkte er mit der fränkischen Weinkönigin eine Flasche Wein.

Im Wein trinken sei er schon geübt, sagt er der AZ. Am liebsten trinke er alkoholfreies Bier oder Weißwein. Auf einen Auftritt in Tracht verzichtete Hubert Aiwanger übrigens. Weil er noch andere Termine habe, sagte er der dpa.