Pater Paul: Der Wiesn-Mann für die Seele

Paul Schäfersküpper (66) ist Pater – und der Seelsorger auf der Wiesn. Er kittet Ehen oder tauft Kinder von Schaustellern. Die AZ hat ihn begleitet.
von  Sophie Anfang
Pater Paul Schäfersküpper betreut seit 15 Jahren die Schausteller auf dem Oktoberfest.
Pater Paul Schäfersküpper betreut seit 15 Jahren die Schausteller auf dem Oktoberfest. © Sophie Anfang

München - Wenn Pater Paul Schäfersküpper auf die Wiesn geht, dann in Tracht. Den weißen Habit lässt er, wenn möglich, im Schrank. „Das ist eine Identitätsfrage“, sagt der 66-Jährige, der auf dem Oktoberfest für das Seelenheil zuständig ist. Pater Paul, so kennt man ihn auf der Festwiese, ist seit 15 Jahren Wiesn-Seelsorger.

Ein bisschen Selbstschutz ist das mit der Tracht aber auch. Ohnehin kennt ihn fast jeder auf der Wiesn, zumindest bei den Händlern und Schaustellern, die der Dominikaner betreut. Wenn Pater Paul wie heute an den Buden entlangschlendert, muss er hier grüßen und dort Hände schütteln. Mit einem christlichen Gewand würde er noch mehr auffallen.

Das braucht er nicht, schließlich ist Pater Paul auch so ein beschäftigter Mann: In der Früh wollte er zur Geschäftssegnung des Alpenhauses, als ihn auf dem Weg eine Schaustellerin ansprach: Ob er ihren gerade verstorbenen Mann beerdigen könne?

Als Pater Paul das erzählt, merkt man bereits: Freud und Leid, Euphorie und Trauer, für den Seelsorger liegen diese Extreme auf dem Volksfest nah beieinander.

Pater Paul, ein bedachter, aber humorvoller Mann mit runder Brille und gütigem Gesicht, zeigt auf einen Stand mit bunten Schokofrüchten und Zuckerwatte, als er das weiter ausführt: „Jetzt stellen Sie sich vor, Sie führen diesen Laden und etwas Schlimmes passiert. Und Sie stehen dann da und müssen den Leuten Fröhlichkeit verkaufen.“

Für die Schaustellerfamilien berge der Alltag viel mehr Unwägbarkeiten, sagt Pater Paul. Neun Monate im Jahr sind sie unterwegs, je nach Wetter schwanken die Einkünfte, dazu kommt das Leben auf engem Raum im Wohnwagen. Egal, ob es unter Eheleuten gerade besonders gut oder besonders schlecht läuft, bei dünnen Wänden bleibt wenig privat.

„Menschen kommen nicht auf die Wiesn, um zu beichten“

 

Also macht Pater Paul an zwölf Tagen seine Tour über die Festwiese. Setzt sich zu den Schaustellern, hört zu. Ratschläge gibt er selten. Die Leute sollen ihren eigenen Weg finden, er sei lediglich eine Stütze.

Es ist das, was ihn motiviert hat, sein Leben in den Dienst Gottes zu stellen: „Das Chaos in den Leuten mitzutragen und daraus Wege zu finden, damit es sich in eine Ordnung begibt.“

Auch Wiesnbesuchern würde er dabei helfen. Das käme aber selten vor, sagt er. Einmal habe eine Nonne angeregt, Beichtzeiten auf der Wiesn einzurichten. Pater Paul lacht, als er das erzählt: „Ich habe ihr gesagt: Die Menschen kommen auf die Wiesn, um zu sündigen, nicht, um zu beichten.“

Die Schausteller jedoch, sagt der 66-Jährige, seien sehr gläubige und großzügige Menschen mit einem großen Zusammenhalt. Das fasziniere ihn. Er kennt die Familien gut, viele Kinder, die er getauft hat, hat er inzwischen verheiratet.

Pater Paul muss schmunzeln. Gelaufen ist er fürs erste genug, entspannt sitzt er hinter einer Bude im Schatten des Riesenrads. Hier mag er es, „weil der Trubel ist dann dahinter“, sagt er und macht eine Armbewegung in Richtung Straße.

Ein bisschen Nervenkitzel gefällt ihm aber auch. Vom Power Tower lässt er sich gerne 66 Meter in die Tiefe sausen. Besonders toll sei es, wenn man oben ist: „Da ist die Aussicht schön.“ Und dem Himmel ist man dort auch näher.

Am Donnerstag um 10 Uhr leitet Pater Paul den Wiesn- Gottesdienst im Marstall.

Lesen Sie hier: Stadt will U-Bahn-Station Theresienwiese vergrößern

merken
Nicht mehr merken
X

Sie haben den Inhalt der Merkliste hinzugefügt.