Oktoberfest 2019: Zwei Wiesn-Zelte für eine Wirte-Familie

Das gab’s noch nie: Dank eines Geheimvertrags könnte die Familie Reinbold neben dem Schützenfestzelt auch das Löwenbräuzelt bekommen.
von  Kimberly Hagen
Zwei Söhne, zwei Zelte? Edi Reinbold (M.) und seine Söhne Mathias (l.) und Ludwig führen das Schützenfestzelt. Ob sie jetzt noch das Löwenbräuzelt bekommen – ein Geheimvertrag sieht es so vor.
Zwei Söhne, zwei Zelte? Edi Reinbold (M.) und seine Söhne Mathias (l.) und Ludwig führen das Schützenfestzelt. Ob sie jetzt noch das Löwenbräuzelt bekommen – ein Geheimvertrag sieht es so vor. © imago

München - Diese Wiesn. Immer, wenn man denkt, es könnte nicht noch spannender werden, ploppt die nächste Nachricht auf. Jetzt macht ein Geheimvertrag die Runde, über den die AZ exklusiv schon Mitte Dezember berichtet hat.

Als bekannt geworden ist, dass sich Wirte-Urgestein Wiggerl Hagn mit seinem Löwenbräuzelt um 2,2 Millionen verrechnet und damit der Stadt 115.000 Euro zu wenig Umsatzpacht gezahlt haben soll, ging der Wirte-Poker um das begehrte Zelt (5.800 Plätze innen, 2.700 Plätze außen) schnell los.

Geheimer Zusatzvertrag aufgetaucht

Freie Stellen als Wiesn-Wirt gibt es schließlich extrem selten. Während sich einige Münchner Wirte (zu denen gehört Lorenz Stiftl; Festwirt vom kleinen Zelt "Zum Stiftl") die große Hoffnung machen dürfen, endlich den Zuschlag für ein großes Zelt auf der Theresienwiese bekommen zu können, was ungefähr dem Gefühl eines Sechsers im Lotto – auf Lebenszeit! – gleicht, tauchte der geheime Zusatzvertrag erstmals auf. Natürlich nur im allerkleinsten Kreis, streng vertraulich.

Dieses mysteriöse Schreiben mit wuchtiger Wirkung hat nach AZ-Informationen Groß-Gastronom Edi Reinbold (Schützenfestzelt, Franziskaner) clever eingefädelt und aufgesetzt, als er 2015 den Löwenbräukeller für einige Millionen von August Baron von Finck jr. gekauft hat. Er ist von ihm unterschrieben und von der Brauerei.

Zwei große Wiesn-Zelte für eine Wirte-Familie

Der Zusatzvertrag besagt: Wenn im Löwenbräuzelt auf der Wiesn die Rolle des Wirtes vakant werden sollte, muss in der Nachfolge-Frage bei der Brauerei die erste Wahl Mathias Reinbold sein. Der ältere Sohn von Edi ist sonst zuständig für den traditionsreichen Franziskaner. Mit seiner Frau Anastasia erwartet er sein erstes Kind. Auf der Wiesn ist er bislang Mit-Chef des Schützenfestzeltes (6.500 Plätze insgesamt) – mit seinem Bruder Ludwig, der zunächst das Hotel "Drei Löwen" leitete und seit vergangenem Frühjahr für den Löwenbräukeller federführend im Einsatz ist.

Würden also nach Wiggerl Hagns Rechenfehler auch seine Tochter Steffi Spendler und Enkel Lukas NICHT das Löwenbräuzelt führen dürfen, darf Mathias Reinbold ran. Genau so steht es im Zusatzvertrag. Zwei große Wiesn-Zelte für eine Wirte-Familie – das hat’s noch nie gegeben.

Wie stehen die Chancen?

Allein die Vorstellung, dass eine prominente Familie Münchens zwei große Wiesn-Zelte führen darf, sorgt vorab für Neid, Missgunst und Hysterie. Das weiß Oberbürgermeister Dieter Reiter, der mit einem externen Wirtschaftsprüfer alle Zelte erneut checken ließ, um zu zeigen, dass er hart durchgreifen möchte. Von Reinbolds Geheimvertrag und dessen Echtheit hat Reiter sich gleich berichten lassen, als Wiggerl zu wackeln begann. Der OB sitzt nun in der Zwickmühle. Wiggerls Tochter (seit 1999 eingetragene Festwirtin) und Enkel künftig das Zelt führen zu lassen, wäre Reiter nach AZ-Informationen am liebsten. Zumal er "keine Dynastie-Bildung auf der Wiesn möchte", wie er in Anspielung auf die Familie Reinbold bereits engen Vertrauten mitgeteilt hat.

"Aber", so ein Stadtrat, der nicht genannt werden will, zur AZ: "Juristisch ist Hagns Tochter genauso in der Schuld wie ihr Vater." Selbst, wenn der den Abrechnungsfehler in Millionenhöhe komplett auf sich nimmt. Alle Verträge tragen den Absender: "Ludwig Hagn und Stephanie Spendler Gaststätten-Betriebs oHG".

Edi Reinbold: " Ja, es gibt diesen Zusatzvertrag"

Doch wenn OB Reiter wirklich hart durchgreift und alle Hagns/Spendlers von der Wiesn wirft – und letztendlich Reinbold den Zuschlag fürs Löwenbräuzelt bekommt, "wird es Tumulte geben", sagt ein Oktoberfest-Insider zur AZ. "Der Aufschrei wäre gigantisch, die Wirte gönnen sich untereinander nix, keinen Cent. Was los wäre, wenn eine Familie zwei große Zelte haben darf, ist unbeschreiblich." Und was sagt Edi Reinbold?

Der potentielle Doppel-Wiesn-Wirt zur AZ: "Ja, es gibt diesen Zusatzvertrag. Aber seit Jahren schätze ich Wiggerl als guten Kollegen. Es würde mich freuen, wenn seine Tochter das Löwenbräuzelt weiterführen darf. Sollte das allerdings nicht klappen, dann stehen meine Söhne und ich selbstverständlich sehr gerne zur Verfügung."

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