Oktoberfest 2019: Ärger um Zeltvergabe? Eine Urkunde mit Gschmäckle
Unter Wiesnschaustellern rumort es. Der Grund: Ein Festwirt hat wertvolle Punkte für die Zeltvergabe gesammelt – mit einem Siegel, das ihm sein eigener Verband verliehen hat.
München - Ein paar Wochen sind es noch bis die Stadt - um Ostern herum - endlich herauslässt, wer von den zig Bewerbern für die Wiesn 2019 mit seinem Festzelt oder Schaustellergeschäft auf die Festwiese darf. Was zählt, ist bekanntlich eine möglichst maximale Anzahl an Punkten, die die Stadt in 13 Kategorien vergibt – von "Volksfesterfahrung" über "technischer Standard" bis "Ökologie".
Vor allem einige großen Wiesnwirte zittern, es geht schließlich um ein Millionengeschäft. Und nur neun der 14 großen Wiesnzelte sind aus Traditionsgründen gesetzt, fünf Wirte müssen sich jährlich mit ihren Zelten gegen die Konkurrenz durchsetzen – darunter das Weinzelt, Käferzelt und die Schottenhamel Festhalle.
Vergabe wird jetzt auch Thema im Stadtrat
Nun rumort es unter den Beschickern, seit ein bemerkenswerter Umstand die Runde macht: Es gibt - ganz neu heuer - wertvolle Punkte auf die Urkunde "Ausgezeichnetes Bayerisches Festzelt" (zu finden in der Kategorie "Ökologie"), die seit 2017 der Bayerische Hotel- und Gaststättenverband Dehoga (Präsidentin: Angela Inselkammer) zusammen mit dem Landwirtschaftsministerium verleiht. Bewerben können sich Festzelte, die besondere Anforderungen in Sachen "hochwertige regionaltypische Küche aus heimischen Produkten" erfüllen. Erhalten hat die erste dieser Urkunden 2017 die Schottenhamel Festhalle der Wiesnwirte Christian und Michael Schottenhamel. Im Folgejahr 2018: erneut Schottenhamel und das Armbrustschützenzelt, geführt von Wirtesprecher Peter Inselkammer.

"Ein totaler Witz", lästert einer aus der Riege der Wiesnschausteller, "das hat schon mehr als ein Gschmäckle und ist so dreist, dass man's gar nicht glauben kann". Den Beschickern stößt dabei weniger die Verwandtschaft von Peter Inselkammer zur Dehoga-Präsidentin auf, die zu dessen Auszeichnung womöglich beigetragen haben könnte (das Armbrustschützenzelt ist gesetzt, es braucht keine Punkte).
Sondern, dass Christian Schottenhamel seit Jahren eine maßgebliche Rolle beim Dehoga-Verband spielt: Er sitzt im Münchner Kreisvorstand und ist neuerdings auch Vize-Vorsitzender des Dehoga-Bezirks Oberbayern. Im Stadtrat, wo bis vor Kurzem nicht jedes Ratsmitglied die Feinheiten der Punktevergabe im Detail präsent hatte, gärt es nun ebenfalls: "Das ist ein Vorgang, der mindestens diskussionswürdig ist", sagt ziemlich verzopft einer aus der Rathaus-Führungsriege zur AZ. "Darüber werden wir noch sprechen müssen."
Das sagt Christian Schottenhamel zur Urkunde

Und was meint Christian Schottenhamel – ist es ihm peinlich, Wiesn-Punkte einzuheimsen über die Auszeichnung eines Verbandes, in dem er eine Vorstandsposition hat? "Nein, überhaupt nicht", sagt er zur AZ. "Erstens wusste ich nicht, dass es dafür Punkte geben würde, als wir unsere Unterlagen eingereicht haben. Zweitens erfüllen wir sowieso alle Bewertungskriterien für die Bewerbung über jedes Maß hinaus. Es bringt mir eh nichts. Ich spiele mir damit keinen Punkt in die eigene Tasche." Außerdem würde er gern "jeden ermuntern, da selber mitzumachen. Diese Auszeichnung ist ja eine tolle Sache und eine schöne Markenbotschaft für Festzeltbetreiber".
Beim Verband selbst sieht man auch kein Problem. "Das hat nichts mit Gemauschel zu tun und es hat auch kein Gschmäckle", sagt Landesgeschäftsführer Thomas Geppert. "Im Gegenteil, ich kann nur allen Festwirten raten, sich selbst zu bewerben."
Die Schausteller übrigens, so ist zu hören, überlegen nun ihrerseits, ob ihnen eine Idee kommt, wie sie sich selber mit einer neuen Urkunde auszeichnen könnten – punktetauglich für die Standplatzvergabe, versteht sich. Ein Insider zur AZ: "Da wird uns schon etwas Kreatives einfallen."
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