Oktoberfest 2016: Kontrollgang mit Josef Schmid

Über Bestechungsgeld, alberne Drohungen und Ordner, die kurz vorm Finale viel dazugelernt haben. Ein Rundgang mit Josef Schmid.
Irene Kleber |
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Bürgermeister und Wiesn-Chef Josef Schmid, eine dunkle Sonnenbrille auf der Nase, kontrolliert mit ein bissl Abstand die Ordner am Eingang "P 8" am Esperantoplatz. Und befindet nach 14 Wiesntagen: "Die machen das jetzt vorbildlich. Das läuft absolut reibungslos."
Sigi Müller Bürgermeister und Wiesn-Chef Josef Schmid, eine dunkle Sonnenbrille auf der Nase, kontrolliert mit ein bissl Abstand die Ordner am Eingang "P 8" am Esperantoplatz. Und befindet nach 14 Wiesntagen: "Die machen das jetzt vorbildlich. Das läuft absolut reibungslos."

München - Die Anfangs-Pannen bei den neuen Einlasskontrollen hatten es in sich: Da ließen Ordner Schausteller mit ihren Supermarkteinkäufen nicht rauf aufs Wiesngelände – dafür aber Leute mit verbotenen Rucksäcken rein (was beides Ärger verursachte). Da wurden Bedienungen ohne Taschen umständlich zum "Bedienungseingang" geschickt (wo man nur mit Gepäck hinmuss). Und ein Einlass blieb Stunden gesperrt, nur weil aus einem Fahrgeschäft eine Handtasche gepurzelt war.

Inzwischen, nach 14 Wiesn-Tagen, haben die fast 500 (zum Großteil neuen) Ordnungskräfte dazugelernt: Was sie dem Wiesn-Chef Josef Schmid Wunderliches und Skurriles zu erzählen haben – und was er beim täglichen Kontrollgang erlebt. Die AZ hat ihn am Freitag begleitet.

Bonbons für Bedienungen

Die "Rucksack-verboten-Regel" hat eine Ausnahme: Wenn Kellner und Bedienungen einen Rucksack dabeihaben. Dann müssen sie durch einen Spezialeingang, wie an der Beethovenstraße, dort ihr Sackerl öffnen und sich ein "Kontrolliert"-Bandl holen. Das hat sie anfangs verschnupft. Jetzt zeigen sie ihre Süßigkeiten-Vorräte ohne Murren. Und die Ordner kriegen auch was ab.

Die Wiesn-Bedienungen bei der Rucksack-Kontrolle (Foto: Sigi Müller).

Glückliche Anwohner

Auch mit den Anwohnern ratscht der Wiesn-Boss. Wie hier mit Thorsten Appelt (r. im Bild), der am Bavariaring eine Anwaltskanzlei hat. Wie läuft’s? "Wunderbar", erzählt Appelt, "heuer liegen mal keine Maßkrüge morgens bei uns vorm Haus. Und auch betrunkene Wildbiesler oder Spuckpfützen sehen wir kaum noch." Was sich auch bei der neuen Notfall-Putzhotline der Stadt bemerkbar macht. Schmid: "Da ruft kaum einer an."

Wiesn-Chef Josef Schmid (l.) mit einem Anwohner (Foto: Sigi Müller).

Inkognito hinter seiner dunklen Sonnenbrille

Josef Schmid pirscht sich erst mal unauffällig an. Setzt seine Sonnenbrille auf. Schaut aus ein paar Schritten Entfernung zu, wie es an den Wiesneingängen so läuft mit der Einlasskontrolle – wie an der Matthias-Pschorr-Straße (Foto). "Schaun Sie mal, das machen die echt gut jetzt", murmelt er. "Die schicken jeden Rucksack zur Gepäckaufbewahrung. Lotsen die Musiker mit Tubas zum Spezialeingang. Checken die Rollstühle. Alles ruhig und freundlich. Kein Stau. Perfekt."

Sogar der AZ-Fotograf wird rausgefischt mit seinem Objektiv – bis Schmid aus dem Versteck tritt und dem Ordner ein "Okay" gibt. Was die Taschenkontrollen so zutage gebracht haben? "Nix Bewegendes", sagt Schmid. "Ein paar Schlagringe, Messer, Reizgas. Mit was Schlimmerem käme eh keiner durch. Da mach ich mir keine Sorgen mehr."

Bestechungs-Versuche der Schickeria

Hoppala. Jeden Tag wollen am Eingang beim Kettenkarussell ("P 5") aufgebrezlte Wiesn-(Stamm)gäste durch, die – obwohl sie’s besser wissen – unerlaubt große Handtaschen dabei haben. "50 Euro Bestechungsgeld ist das Kleinste, was wir angeboten kriegen", ist von Ordnern zu hören. "Neulich hat einer sogar 1000 Euro geboten." Josef Schmid dazu: "Manchmal enttäuschen mich meine Münchner. Echt."

Der Wiesn-Chef auf der Schaustellerstraße (Foto: Sigi Müller).

(Leises) Jammern bei der Gepäckstelle

In den ersten Tagen war das Jammern an den Gepäckaufbewahrungsstellen (l.) noch groß. "Aber ich bin doch Münchnerin", argumentierten viele Damen, "warum muss ich meine Tasche dalassen?“ Anfangs, erzählt Schmid, seien viele Ordner angefeindet worden: "Einmal stand ich daneben, als eine Frau mit Riesentasche sich vor einem Ordner aufgebaut hat, ihr Handy zückte und sagte: ,So, mir reicht’s, ich rufe jetzt den Präsidenten an’. Der Dame habe ich dann deutlich erklärt, dass die Sicherheitsregeln für alle gelten. Auch für die, die sich für etwas Besonderes halten." Und jetzt? Hätten sich die meisten Leute dran gewöhnt.

Sicherheit geht vor: Gepäckaufbewahrung bei P3 (Foto: Sigi Müller).

Schlange stehen? Gibt’s nicht

Gegen Mittag dann am Haupteingang bei schönstem Freitagswetter: Die Gäste strömen in Scharen. Dicht an dicht stehen die Ordner, dahinter weitere, in drei Reihen. Routiniert fischen sie Rucksäcke heraus, filzen Kinderwagen, öffnen kleine Taschen. Niemand muss anstehen, alles fließt. "Was ist vorab über das neue Konzept geschimpft worden", sagt Josef Schmid, und: "Samstag wird’s voll. Das packen wir jetzt problemlos."

Josef Schmid steht mit der AZ beim Haupteingang (Foto: Sigi Müller).

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