"Oide Wiesn": Man kommt ja nicht aus
München - Mit einem ehrgeizigen Null-Fehltage-Plan stößt man schnell auf Unverständnis bei Menschen, die der Wiesn nicht ganz so zugetan sind. Und ich kann dieses Unverständnis völlig verstehen.
Die Wiesn muss man nicht mögen. Um sie innig zu lieben, braucht man eine Leidenschaft für die Abgründe der Menschheit und dazu einen Hauch Begeisterungsfähigkeit. So funktioniert es zumindest mit mir und der Wiesn. Meine Leidenschaften sind vielleicht nicht die Norm. Aber es ist nun mal so: Mein Sozialleben habe ich für die nächsten Tage auf die Festwiese verlegt. Und wer es keine 16 Tage ohne mich schafft, der muss es eben auf die Wiesn schaffen.
Selbst mein Besuch stöhnt, weil er gestern schon auf die Wiesn geschleppt wurde und keine Lust auf Bavariaparty hatte. Der Besuch gehört aber nicht zu den radikalen Wiesn-Hassern, und die „Oide“ ist immer ein guter Kompromiss. Wiesn light, sozusagen. Im Herzkasperlzelt drehen sich tanzende Pärchen vor der Bühne im Takt der kleinen Blaskapelle. Danach gibt’s eine Polonaise durchs Zelt. Gäste hinter Blasmusikanten, während ein paar hundert Meter weiter in anderen Zelten jetzt Besoffene auf den Bänken stehen und das furchtbare „Atemlos“ grölen.
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Das ist beinahe schon rührend, so anders, so urig. Es gibt feines Knödlgröstl, denn wenn man während eines Null-Fehltage-Plans etwas ansprechend Vegetarisches auf der Karte entdeckt, gilt es sofort zu bestellen. Wir stehen nicht auf Bänken und grölen nicht, schauen nur, genießen unser Essen und gehen wieder. Gediegen. Auch so geht Wiesn. Auf dem Rückweg halten wir noch am Breakdancer. Als die Bügel einrasten und die Scheibe sich langsam in Bewegung setzt, wechselt die Musik: „Atemlos, durch die Nacht“. Manchen Dingen entkommt man nicht. Besonders nicht auf der Wiesn.
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