München vor 50 Jahren: Als Achtjährige beim Maßkrugleeren halfen

München – Im September 1974 ist es in der Stadt ein großes Thema: betrunkene Kinder. „Fünf Schluck Bier – klinikreif!“, lautet eine Überschrift in der AZ vom 30. September 1974, heute vor genau 50 Jahren. Trotz der Warnung von Ärzten und Jugendamt seien schon wieder zwei Kinder mit einer Alkoholvergiftung auf der Wiesn abtransportiert worden – wo damals noch ganz selbstverständlich auch Kinder in den Zelten dabei sind.
Ein acht- und ein neunjähriger Bub seien von der Festwiese „total betrunken“ in die Haunersche Kinderklinik gebracht worden. Der acht Jahre alte Reinhold habe „am Samstag mit seinen Eltern im Hackerzelt gefeiert und eifrig beim Maßkrugleeren mitgeholfen“.
Die AZ zitiert einen Sprecher des Bayerischen Roten Kreuzes: „Der Vater sagt, dass sein Sohn nur etwa fünfmal von der Wiesn-Maß getrunken hat.“ Da der Bub „sehr klein und schmächtig“ sei, könne diese Menge aber schon bewirkt haben, dass er umfiel und nicht mehr ansprechbar war.
Betrunkene Kinder sind 1974 in München ein großes Thema
Die AZ hatte schon in den Tagen davor über ähnliche Fälle berichtet. Ein Mediziner warnte die Münchner Eltern: „Schon ein halber Liter Wiesn-Bier kann ein Kind töten.“
Sogar das Jugendamt sah sich zu einer Stellungnahme genötigt – aber offenbar grundsätzlich den Bierzeltbesuch mit Kindern auch noch als normal an. Man müsse, hieß es in der Mitteilung, ja vielleicht nicht „stundenlang mit Kindern im Bierzelt sitzen“.