München: Pläne für "Schützenliesl"-Zelt auf dem Oktoberfest scheitern

München - Eine fesche Frau im Dirndl, die zehn Krüge stemmt und fröhlich auf einem Bierfass balanciert – dieses Bild machte eine Münchnerin als Schützenliesl zur Kultfigur.
Der Maler Friedrich August von Kaulbach hatte sie auf eine Leinwand gemalt, die 1881 beim VII. Deutschen Bundesschießen auf der Theresienwiese das Wirtshaus "Zur Schützenliesl" zierte und Scharen von Männern anlockte.
Rund 140 Jahre später ist ein Rechtsstreit entbrannt: Ein Wirt wollte sie für ein Wiesn-Zelt – und eine Brauerei als Marke für ein Bier. Nun hat das Landgericht München I aber entschieden: Der Münchner Gastronom hat die Rechte an dem Namen, die er sich 2015 für ein Zelt auf der Oidn Wiesn hatte eintragen lassen, verloren. Das Gericht erklärte sie am Freitag für verfallen.
Der Wirt habe es versäumt, die Zeichen innerhalb von fünf Jahren zu benutzen, urteilte die auf Marken- und Wettbewerbsrecht spezialisierte 33. Zivilkammer in München. Das Gericht gab damit der Klage der Münchner Kindl Brauerei aus Traunstein statt. Sie will das berühmte Bildnis des auf einem Fass tanzenden Biermadls für ihr Bier verwenden. Das Urteil ist nicht rechtskräftig.
Münchner Kindl Brauerei klagt
Die Münchner Kindl Brauerei in Traunstein baut in München gerade eine Produktionsstätte und will "Bayerns erstes Pin-up-Girl" als Marke für ihr Bier. Nach Auskunft des Gründers Dietrich Sailer ist sie Rechtsnachfolgerin des Münchner Kindlbräu, das beim Bundesschießen das "Schützenliesl"-Wirtshaus betrieben und das Bild auch schon auf Flaschenetiketten verwendet hatte, wenn auch leicht abgewandelt. Diese Rechte, die inzwischen bei Löwenbräu lagen, habe man übernommen, sagt Sailer.

Auch die Königlich Privilegierte Hauptschützengesellschaft München erhebt Anspruch, hat aber mit dem aktuellen Prozess nichts zu tun. "Uns gehört das Bild", stellt der 1. Schützenmeister Georg Pfaff fest. Wenige Jahre nach dem Bundesschießen sei die Gesellschaft Eigentümerin geworden. In der Tat hängt das Originalbild unübersehbar im Festsaal im Augustiner Schützengarten. Die Gesellschaft wolle nun ihre Rechte eintragen und alte Einträge löschen lassen, so Pfaff.
Wer war die "Schützenliesl"?
Doch wer ist diese Schützenliesl, um die sich alle streiten? Coletta Möritz wurde 1860 bei Pöttmes nahe Augsburg geboren. Mit 16 wurde sie Biermadl, also Hilfskellnerin, im Münchner Sterneckerbräu. Kaulbach muss die fröhliche Frau dort bewundert haben. Wie und warum er sie gemalt hat, ist nicht ganz klar. Die Hauptschützengesellschaft zitiert Möritz in einer Festschrift: "Krügel hab ich in der Hand tragen und den Fuß hab i heben müssen, als tät ich auf einem Faß tanzen, und der Kaulbach hat gezeichnet." Im Atelier habe er dann das Bild gemalt – für damalige Verhältnisse gewagt mit üppigem Dekolleté und knappem Rock.
"Als sie vor unserer Wirtsbude aufg'hängt war, sind die Leut zusammeng'laufen: Der Kaulbach hat die Coletta gmalt!", schreibt Möritz. Jeder habe einen Platz in der "Schützenliesl" ergattern und sich ein Bier von Coletta bringen lassen wollen. Ein Riesenerfolg, von dem auch andere profitieren wollten. Schon damals seien überall nicht lizenzierte Nachdrucke, Kopien und Plagiate des Bildes aufgetaucht, erzählt Pfaff. Kaulbach habe mehr Zeit vor Gericht bei Urheberrechtsprozessen verbracht, als ihm lieb war.
Möritz sei ihre Berühmtheit aber nicht zu Kopf gestiegen, so das Haus der Bayerischen Geschichte in Regensburg. Sie habe 1882 einen Wirt geheiratet, zwölf Kinder bekommen und erfolgreich mehrere Gasthäuser geführt. Bevor sie im Dezember 1953 mit 93 Jahren starb, wurde ihr noch eine besondere Ehre zuteil: "Die Schützenliesl-Polka" wurde zum Wiesn-Hit des Jahres und erinnert bis heute an das schöne Biermadl: "Schützenliesl, drei Mal hats gekracht. Schützenliesl, du hast mir das Glück gebracht".