Maximal 10,70 Euro die Maß: Oktoberfest-Chef Josef Schmid will Bierpreise deckeln

Den Bierpreis deckeln, die hohen Gebühren den großen Wirten aufbrummen und die kleinen Schausteller entlasten: Die AZ zeigt, wie Josef Schmid den Charme der Wiesn erhalten will.
von  AZ/dpa
Streitpunkt Wiesn: OB Dieter Reiter (l.) und Oktoberfest-Chef Josef Schmid.
Streitpunkt Wiesn: OB Dieter Reiter (l.) und Oktoberfest-Chef Josef Schmid. © Felix Hörhager/dpa

München - Die Erde dreht sich, die Isar fließt – und auf der Wiesn steigt der Preis für die Maß Bier. Über Jahrzehnte schien es ein Naturgesetz. Ärgerlich, aber mei, nicht zu ändern. Bis Dienstagvormittag. Da erklärte Bürgermeister Josef Schmid (CSU), als Wiesn-Chef für das Oktoberfest verantwortlich, gut gelaunt und selbstbewusst seinen Plan.

Er, Schmid, will den Maßpreis einfrieren: bei 10,70 Euro, dem Höchstpreis von 2016 – und das ist nur ein Teil seines Plans, den Charme der Wiesn zu erhalten. "Der Charakter als Volksfest ist gefährdet", sagte Schmid. Und, dass das Oktoberfest "zumindest halbwegs bezahlbar für die Münchner" bleiben solle. Die AZ erklärt Schmids Wiesn-Plan – und die Reaktionen im Rathaus, wo er eine Mehrheit finden muss.

Bierpreis

Schmid plant die Bierpreisbremse. Im Rathaus war man immer davon ausgegangen, dass eine Deckelung rechtlich nicht möglich ist. Schmid widersprach dem am Dienstag. "Ich will nicht, dass die gestiegenen Preise weiter jedes Jahr auf den Bierpreis aufgeschlagen werden", sagte er. Seine Juristen hätten Möglichkeiten geprüft, eine Deckelung sei "problemlos möglich". Schmid will den Höchstpreis in die Zulassungsverträge für die Wirte aufnehmen. Für die Oktoberfeste 2017, 2018 und 2019 soll der Maximalwert bei 10,70 Euro liegen – dem höchsten Preis, der 2016 aufgerufen wurde.

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17 Tage Wiesn

Das Oktoberfest soll künftig jedes Jahr einen Tag länger dauern. Bisher war der Montag nur noch drangehängt worden, wenn er auf den Tag der Deutschen Einheit fiel. "Es ist ein Tag für die Münchner, die am letzten Tag noch mal rausgehen wollen", sagte Schmid. Er ist bereit, die vom Stadtrat beschlossene Reservierungsfreiheit für den letzten Oktoberfesttag wieder aufzuheben. Das hatten sich die Wirte gewünscht.

Schmid sagte, es gehe dabei zum Beispiel um das Wetter. Bei Regen würden nur wenige spontan rausfahren – wenn Plätze im Zelt reserviert sind, aber schon. Deshalb können die Wirte besser planen. Schmid sieht diesen letzten Tag auch als ein Entgegenkommen gegenüber den Wirten, die er insgesamt stärker in die Pflicht nehmen will.

Große zahlen mehr

Die seit 2016 um etwa fünf Millionen Euro gestiegenen Sicherheitskosten will Schmid vor allem auf die Wirte der großen Zelte umlegen. Er plant eine Umsatzpacht. Vier bis fünf Prozent ihres Umsatzes müssten die Wirte künftig an die Stadt abführen. Dafür entfallen die bisherigen Standgebühren.

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Mit dem neuen System will Schmid mehr Fairness schaffen. "Auf einem Fest, auf dem 300 bis 400 Millionen Euro umgesetzt werden, soll nicht der Münchner Steuerzahler für die Sicherheit aufkommen", erklärte Schmid. Er verweist darauf, dass die Umsatzpacht in der klassischen Gastronomie viel höher liege. Besonders betroffen wären von dem Plan die Wirte, die auf verhältnismäßig wenig Platz viel Umsatz machen, etwa der Marstall, das Käfer- oder das Weinzelt.

Die Kleinen entlasten

"Zu unserer Wiesn gehören auch die Schießbuden, die Wurfbuden, der Flohzirkus", betonte Schmid. Die kleinen Schausteller – und die Oide Wiesn, auf der der Eintritt bei drei Euro bleiben soll – will er nicht stärker belasten. Kleinen und mittleren Schaustellerbetrieben verspricht er, dass die Standgebühren heuer stabil bleiben sollen. "Im Gegenzug erwarte ich, dass sie die Preise nicht erhöhen." Hier setzt Schmid auf Freiwilligkeit – zumindest vorerst. Für große Schausteller wie die Achterbahnen behält er sich aber noch vor, eine Gebührenerhöhung vorzuschlagen.

Die Rathaus-Debatte

Schmid wirkte genervt davon, dass die Diskussion um die gestiegenen Sicherheitskosten früh öffentlich geworden ist. 2016 waren dafür etwa fünf Millionen Euro veranschlagt worden – vor allem für zusätzliche Ordner. Mit Standgebühren erlöste die Stadt nur etwa 3,5 Millionen. Im Rathaus ist man sich einig, mehrere Millionen Euro mehr einnehmen zu müssen. OB Dieter Reiter (SPD) hatte einen erhöhten Eintritt für die Oide Wiesn ausgeschlossen. Ohne Reiters Namen zu nennen sagte Schmid, manche öffentlichen Äußerungen seien "nicht hilfreich" gewesen.

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Nun äußerte er sich selbst ausführlich öffentlich – die Teilnehmer der internen Rathaus-Runden zur Sicherheit reagierten gestern darauf wiederum dünnhäutig. OB Reiter teilte auf AZ-Nachfrage lediglich mit, er sei "gespannt auf die schriftliche Vorlage". Dann werde er sich mit den "konkreten Vorschlägen befassen". Die Grünen sprachen von "unverhülltem Populismus".

SPD-Chef Alexander Reissl knurrte: "Ich bin gespannt, wie Schmid den Bierpreisdeckel rechtlich sauber hinkriegen will, das wird kartellrechtlich sehr schwierig." Reissl kritisierte Schmid scharf für dessen Vorstoß. "Das geht überhaupt nicht", sagte er. "Ganz schlechter Stil." Schmid habe noch am Vortag mit großen und kleinen Wirten gemeinsame Gespräche vereinbart. "Die fühlen sich jetzt wie Schulbuben." Gestern Nachmittag stand eigentlich die nächste Besprechung im Rathaus an. Reissl schwänzte. "Was soll ich da noch?", sagte er. Im Rathaus hat Schmid offenbar noch viel Überzeugungsarbeit vor sich. Bis das Naturgesetz Bierpreiserhöhung außer Kraft gesetzt ist.

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