Kameras auf dem Oktoberfest: Die AZ zu Besuch in der Wiesnwache
München - Thomas Menze (54) hat es trocken und warm. Der Polizeioberkommissar muss keine Betrunkenen festnehmen, die mit Maßkrügen aufeinander losgehen, er muss auch niemanden kontrollieren. Die laute Beschallung vor den Fahrgeschäften, die Feiernden und Grölenden - er hört das alles nicht. Trotzdem ist er überall dabei und hat alles im Blick. Fast alles.
Der Polizeioberkommissar sitzt in der Einsatzzentrale (EZ) der Wiesnwache, einem nicht sehr großen, nüchtern-zweckmäßig eingerichteten Raum im Behördenhof.
Vor ihm, links und rechts, flackern Bildschirme. Unaufhörlich liefern sie ihm Live-Bilder vom Festgelände: Besucher, die auf die Theresienwiese strömen, Betrunkene, die sich auf die nasse Wiese legen, um dort ihren Rausch auszuschlafen, die Schaustellerstraße - Thomas Menze und seine Kollegen sehen alles.
Für das 184. Oktoberfest hat das Innenministerium heuer hochmoderne neue Videotechnik angeschafft. Rund 100.000 Euro hat sich der Freistaat fünf sogenannte Panomera-Kameras der Regensburger Firma Dallmeier kosten lassen.
Videoüberwachung gibt es schon seit Jahren auf der Wiesn, doch heuer ist die Polizei mit insgesamt 37 Stück inklusive der neuen Technik noch besser gewappnet. "Es gibt fast keinen weißen Fleck mehr auf dem Festgelände", sagt Polizeisprecher Marcus da Gloria Martins.
Das Besondere an der neuen Technik ist, dass die Polizei nicht nur live überwachen kann, sie kann verdächtige Personen per Video sogar verfolgen. Die Panomera-Kameras, die vor allem in den Eingangsbereichen aufgestellt sind, erfassen große Areale im 360-Grad-Winkel horizontal sowie vertikal im 90-Grad-Winkel. Selbst wenn sich eine Person mehr als 150 Meter von den unauffälligen Kameras entfernt aufhält, können sich Thomas Menze und seine Kollegen so nah heranzoomen, dass sie erkennen können, "ob dem Herrn eine Akne-Creme zu empfehlen wäre", sagt Marcus da Gloria Martins salopp.

Sichtbar präsent: Polizisten am ersten Wochenende auf der Festwiese. Foto: Job
Ein weiterer Vorteil der teuren Technik: Weil die Aufnahmen gespeichert werden, können die Polizisten jederzeit zurückspulen und sich einzelne Situationen nochmal genau anschauen. "Und wir können uns im Bild bewegen", erklärt Videooperateur Thomas Menze.
Hinter dem Oberkommissar in der Einsatzzentrale sitzen seine Kollegen, auch sie können auf die Bildschirme schauen. Per Funk können sie die zwölf Einsatzgruppen, die auf dem Festgelände unterwegs sind, gezielt zu einzelnen Orten schicken und ihnen verdächtige Personen genau beschreiben. Die Einsatzgruppen sind mit GPS ausgerüstet - so weiß die EZ jederzeit, welcher Trupp am nächsten ist.
Die Video-Überwachung, von der der normale Oktoberfestbesucher kaum etwa mitbekommt, trägt ihren Teil dazu bei, dass die Einlasssituation trotz Zaun und zahlreichen Ordnern an den Eingängen am ersten Wiesn-Wochenende überwiegend entspannt und ohne größere Staus abgelaufen ist.
Die überwiegende Zahl der Besucher brachte größere Taschen gar nicht erst mit und kam problemlos aufs Gelände. Die Gäste mit Rucksäcken oder zu großem Gepäck wurden von Ordnern angehalten: Sie müssen diese an einer der zwölf Gepäckbewahrungsbuden oder am Tröpferlbad abgeben (Preise: Koffer, Rucksack: 7 Euro, Rucksack 4 Euro, Kinderwagen 3 Euro).
Ausnahmslos klappte das allerdings nicht. Ein Besucher (20) mit Rucksack rutschte den Ordnern am Samstagmittag am Eingang P 5 durch. Wenig später stoppten ihn Polizisten, sie fanden in seinem Rucksack prompt ein Einhandmesser. Der Franzose musste es abgeben und eine Sicherheitsleistung von 110 Euro zahlen.
Wie genau Thomas Menze und seine Kollegen auf der Wiesn hinschauen, beweist ein Vorfall am Samstagabend: Als ein Mexikaner (40) gegen 20:30 Uhr seinen 2,3-Promille-Rausch auf dem "Kotzhügel" hinter dem Hackerzelt ausschlafen wollte, zog ihm ein Dieb das Handy aus der Hosentasche.
Eine der Kameras sandte Live-Bilder in die Einsatzzentrale. Der Videooperator schickte sofort ein Taschendiebfahnder-Team hin - Festnahme!
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