Serie

Hunger auf d' Wiesn: Fleisch in Bioqualität von Metzger Andreas Jung

Wurstsalat, Brozeitbrettl mit Fleischpflanzerl, scharfe Zipfl, Leberkas und mehr gibt's heuer im neuen Zelt der Familie Stiftl. Metzger Andreas Jung sorgt dafür, dass auch alles schmeckt.
Leonie Fuchs |
X
Sie haben den Artikel der Merkliste hinzugefügt.
zur Merkliste
Merken
0  Kommentare
lädt ... nicht eingeloggt
Teilen  AZ bei Google News
Andreas Jung und sein Sohn Dominik pendeln jeden Morgen nach München, um für die Familie Stiftl zu arbeiten. Das Oktoberfest bedeutet für die Zwei mehr Stress- trotzdem ist die Vorfreude groß.
Andreas Jung und sein Sohn Dominik pendeln jeden Morgen nach München, um für die Familie Stiftl zu arbeiten. Das Oktoberfest bedeutet für die Zwei mehr Stress- trotzdem ist die Vorfreude groß. © Sigi Müller

München – Über einen Kilometer scharfe Zipfl hat Andreas Jung in den letzten Wochen produziert. Die circa sieben Zentimenter langen Würstl landen auf den Brotzeitbrettln im Zelt der Familie Stiftl, die heuer erstmals eines der größeren Zelte auf der Oidn Wiesn betreibt. Ins neue Volkssängerzelt "Schützenlisl" passen vier Mal so viele Menschen wie ins kleinere "Zum Stiftl". Das bedeutet für den 45-jährigen Metzgermeister deutlich mehr Arbeit – beziehungsweise mehr Wurst. Insgesamt sind es 15.000 Stück – hergestellt von einem Drei-Mann-Team.

Das einzige Wiesnzelt mit Fleisch in Bioqualität

Auf ihre EU-zertifizierte Metzgerei ist die Familie Stiftl besonders stolz, heißt es auf deren Webseite. In der Produktionsküche im Münchner Norden, nahe der U-Bahn-Station Harthof wird gefertigt. Wurstwaren, Leberkas und mehr werden dort in der hauseigenen Metzgerei unter Leitung von Meister Jung frisch hergestellt. Das Fleisch von Rind und Schwein beziehen die Stiftls von einem Bauernhof mit Bio-Bayern-Gütesiegel. "Unser Wiesnzelt ist das einzige mit Fleisch in Bioqualität", so Jung. Auch die anderen Zutaten seien Bio-Produkte und stammen aus der Region.

Neben Jungs Produktionsraum, in dessen hygienischglänzenden Edelstahl-Arbeitsflächen man sich als Besucher spiegeln kann, kümmert sich Koch Paul Schwirbel in der Küche um die Speisen. Die Bio-Bratensoße brodelt dort gerade in einem Kochtopf. Hauptgerichte, Suppen, Salate und Desserts zaubert und verfeinert er hier, bevor sie vom Münchner Norden aus an die Stiftl-Standorte geliefert werden.

Rinderbrühe mit Fleisch und Gemüse - "wie bei Oma im Kochtopf".
Rinderbrühe mit Fleisch und Gemüse - "wie bei Oma im Kochtopf". © Sigi Müller

Wie bei Oma im Kochtopf – nur viel größer

Die Wiesn-Ware ist schon in Vorbereitung. Anders gehe es zeitlich nicht, so Jung. Alles was vorgekocht werden kann, wird vorgekocht, die Schweinebraten bereits gewürzt. Das Fleisch wird dann in Gefrierhäusern gelagert. "Wir reden hier von ein paar Hundert Kilo pro Tag!" Der roh geräucherte Schinken fürs Fest wurde nun sechs Wochen in Trockensalz eingelegt. "Der muss jetzt liegen." Auch die Rindsbrühe ist fertig. Sie hat 20 Stunden geköchelt. "Fleisch ist da drin, Gemüse, Gewürze und Knochen – wie bei Oma im Kochtopf, nur, dass unserer viel größer ist." Soßen und Suppen werden vor dem Fest vorerst in sterilen Schläuchen verpackt.

Der roh geräucherte Schinken muss noch bis zur Wiesn liegen.
Der roh geräucherte Schinken muss noch bis zur Wiesn liegen. © Sigi Müller

Trotz der Wiesn muss auch der reguläre Betrieb funktionieren 

Leberkas und Schweinsbratwürste etwa, werden dagegen frisch kurz vor dem Fest zubereitet werden, so der Metzger.

"Zur Wiesn-Zeit kommen einige Überstunden zam"

Doch der reguläre Betrieb muss weiter funktionieren. Die Senner Bratwürste etwa gehen ins Wirtshaus Zum Stiftl am Marienplatz, die Krainer und der Leberkas ins Grünwalder Stadion. Auch das Ingolstädter Stadion beliefert Jung, ebenso das Hackerhaus sowie aktuell noch das Pfaffenhofener Volksfest.

"Im normalen Betrieb läuft alles eigentlich ganz locker ab", sagt Jung, dessen Team nur drei Köpfe groß ist. Geselle Thomas Rumbucher und Sohn Dominik (15), der im September die Lehre bei seinem Vater begonnen hat, unterstützen ihn. Man helfe zusammen. Auch die Küchenmitarbeiter würden ab und an mit anpacken. "Aber Wurscht machen nur wir."

Jung und sein Sohn fahren jeden Tag aus dem Allgäu nach München. Der Tag beginnt normalerweise um fünf Uhr morgens in den Produktionsräumen und endet gegen 14 Uhr. "Zur Wiesnzeit wird's wohl eher 16, 17 Uhr – da kommen einige Überstunden zam." Und wenn man sich endlich an die Zeiten gewöhnt habe, "dann ist die Gaudi schon wieder vorbei", sagt der Mann, der quasi durchgehend am Lachen ist.

So herzlich lacht Andreas Jung, wenn er sich auf das Oktoberfest freut.
So herzlich lacht Andreas Jung, wenn er sich auf das Oktoberfest freut. © Sigi Müller

Unverkennbar – Fleisch und Wurst nach eigener Rezeptur 

Der Metzgermeister ist seit 2011 Teil des Stiftl-Betriebs. Er prüft die Bio-Ware, produziert das Fleisch und die Wurst nach eigener Rezeptur. "Meine Kinder erkennen sofort, wenn ich Wiener heimbringe, die nicht von mir sind." Jung packt zudem die Ware ein, bevor sie ausgeliefert wird. Auch im Betriebsrat ist er. Jung muss den Überblick behalten.

Dass sein Bub jetzt dabei ist, freut ihn. "Ich bin sehr stolz." Doch mit der Tante als Lehrerin in der Berufsschule und dem Papa als Lehrherr in der Metzgerei – da dürfe man sich nichts erlauben, scherzt Jung. Schon seine Eltern waren Metzger, erzählt er. Auch seine Geschwister haben den Beruf erlernt. "Es liegt in der Familie."

Der neue Lehrling: Jungs Sohn Dominik (15) bereitet die Würstl vor.
Der neue Lehrling: Jungs Sohn Dominik (15) bereitet die Würstl vor. © Sigi Müller

Trotz Wiesnstress – "I gfrei mi drauf"

Die zusätzliche Belastung durch das Oktoberfest sei groß. Auch durch das neue, vier Mal größere Zelt auf der Oidn Wiesn, indem 1384 Besucher Platz haben. "Das ist natürlich eine andere Liga." Umso mehr brauche er seine ruhigen Morgen in seinem Häuserl auf dem Land.

Und dennoch: "I gfrei mi drauf", sagt Jung. "Es is immer wieder schee auf der Wiesn." Chef Lorenz Stiftl freue sich immer darüber, wenn das Metzgerteam ihn im Zelt besuchen komme. "Er ist ein familiärer Mensch, bodenständig, hat immer ein freundliches Wort." Ein privater Ratsch sei immer drin. Sein Chef schätze das Handwerk. Viele große Wirtschaften würden sich dem gar nicht mehr annehmen, alles automatisieren. "Aber Lorenz will sein Fleisch selbst gemacht haben."

"Einmal bin ich mit 120 Kilo Würstl über das Fest gefahren"

An der Wiesn mag Jung "das Gfui, den Flair, das Drumherum". Manchmal gehe er auch nach der Arbeit noch zum Fest. "Wenn der Chef dann noch sagt 'des lafft ois, es schmeckt guad – dann gfrei i mi einfach."

Jung und sein Team sind während der Wiesn eigentlich im Hintergrund tätig. Sie produzieren die Frischware und kümmern sich morgens um die Anlieferung der Gerichte. Erst nach der Arbeit vergnügt man sich selbst dort. Doch vor Jahren einmal habe Chef Lorenz Stiftl während der Wiesn angerufen, weil die Würstl ausgegangen sind, erinnert sich Jung grinsend. "Dann bin ich mit 120 Kilogramm Würstl durch die ganzen Leut' gefahren, um sie zum Zelt zu transportieren."

Ob das Oktoberfest heuer wohl anders sein wird, als vor der Pandemie? "Entweder es gehen weniger Menschen hin und es normalisiert sich." Oder aber – und dies glaubt Jung –es gebe einen "Run". "Die Leute haben Hunger drauf!"

Lädt
Anmelden oder registrieren

Zum Login
Zu meinen Themen hinzufügen

Hinzufügen
Sie haben bereits von 15 Themen gewählt

Bearbeiten
Sie verfolgen dieses Thema bereits

Entfernen
Um "Meine AZ" nutzen zu können, müssen Sie der Datenspeicherung zustimmen.

Zustimmen
 
0 Kommentare
Bitte beachten Sie, dass die Kommentarfunktion unserer Artikel nur 72 Stunden nach Veröffentlichung zur Verfügung steht.
Noch keine Kommentare vorhanden.
merken
Nicht mehr merken
X

Sie haben den Inhalt der Merkliste hinzugefügt.