Gäubodenfest in Straubing wird zum Test-Fest für die Wiesn 2022

Straubing/München - Glück liegt spürbar in der Luft, wenn in Straubing das Gäubodenfest startet. Wenn sich zum ersten Mal das Riesenrad dreht und man in Richtung Festplatz strawanzt. Wenn man mit der ersten Maß seinen Freunden zuprostet. Elf Tage im August blüht die Stadt auf, brezeln sich die Straubinger mit Tracht auf.
Doch in diesem Jahr liegt nicht nur Glück in der Luft. Sondern auch Sorge. Ein Volksfest – das zweitgrößte Bayerns mit rund 1,4 Millionen Besuchern – zwischen Vorfreude und Virusvarianten. Wie wird das werden? Reicht überhaupt das Personal? Und was erwartet die niederbayerische Stadt danach?
Das Gäubodenfest ist ein erster Geschmack auf die Wiesn
München dürfte gespannt nach Straubing schauen und kalkulieren, was die Wiesn mit sich bringen könnte. Im April fiel das Ja zum Gäubodenvolksfest nach den Corona-Zwangspausen. Damals konnte noch niemand ahnen, dass der diesjährige Sommer – anders als die zwei zuvor – hohe Inzidenzen bringen würde.
Das können die Verantwortlichen und OB Markus Pannermayr (CSU) nicht ausblenden: "Jeder Veranstaltungsbesuch ist eine persönliche Entscheidung und mit einem möglichen Infektionsrisiko verbunden. Dazu gehört die ehrliche Feststellung, dass wir auch damit rechnen müssen, dass das Volksfest Auswirkungen auf das Infektionsgeschehen in der Region haben wird."
Fest-Abbruch möglich? "Gibt unterschiedliche Szenarien"
Das befürchten auch die Verantwortlichen vom Klinikum St. Elisabeth in der Stadt. Christian Thiel, ärztlicher Leiter im Notfallzentrum, sagt der AZ: "Wir erwarten im Rahmen des Gäubodenvolksfestes leider auch vermehrt Personalausfall durch Covid-Infektionen beziehungsweise Quarantänepflichten der Covid-positiven Mitarbeiter. Zeitgleich wird der Patientenzustrom steigen."
Drei Dinge, ohne die es aus der Sicht des Oberbürgermeisters nicht gehen wird: "Jeder sollte für sich in Absprache mit seinem Arzt abklären, ob eine Impfauffrischung jetzt Sinn macht, um eine Lücke im Impfschutz zu vermeiden." Punkt 2: "Ich richte auch die dringende Bitte an alle, bei Corona-Symptomen dem Fest unbedingt fernzubleiben. Und schließlich appelliere ich, vor Besuch des Volksfests aus Rücksicht und Respekt vor anderen Besuchern einen Selbsttest durchzuführen."
Könnte es passieren, dass das Fest abgebrochen werden muss? "Es gibt unterschiedliche Szenarien", so Pannermayr zur AZ. "Es ist nicht auszuschließen, dass das Infektionsgeschehen die Personalausstattung in Festzelten und beim Sicherheitspersonal oder im Rettungsdienst so einschränkt, dass ein ordnungsgemäßer Ablauf nicht mehr gewährleistet ist." Dann müsse man als Behörde in den Festverlauf eingreifen. "So etwas gab es andernorts bei Großveranstaltungen ja bereits, bis hin zum Abbruch. Ich hoffe es nicht, aber man muss diesen Gedanken offen ansprechen."
Apropos Personal – es ist knapp, überall: "Natürlich trifft uns die schwierige Personallage genauso wie andere Branchen", sagt Andreas Pfeffer, Vize-Präsident des Bundesverbands Deutscher Schausteller und Marktkaufleute. Eigentlich seien gerade die Aushilfsjobs bei den Schaustellern sehr beliebt. "Gerade Schüler und Studenten verdienen sich da seit Generationen was dazu", so Pfeffer. Viele hätten sich aber in der Corona-Pause umorientiert oder seien für den Sommer bereits anderweitig verplant, weil so lange Unsicherheit herrschte, ob und wann Volksfeste wieder stattfinden können.
Lieferschwierigkeiten: Wenn's am Bierfuizl fehlt
Zur Personalnot kommen Lieferschwierigkeiten. "Es gibt viele Dinge, die momentan fast gar nicht oder nur zu massiv erhöhten Preisen zu bekommen sind", sagt Pfeffer. Dabei gehe es vor allem um normale Verbrauchsmaterialien. "Versuchen Sie mal, jetzt Bierfuizl zu bekommen – die sind Mangelware." Er selbst warte schon wochenlang auf LEDs. "Da geht es zum Teil wirklich um ganz profane Dinge." Diese Probleme sowie die gestiegenen Unterhaltskosten werden auch die Besucher an den Preisen merken, sagt Pfeffer. "Vor allem, weil die gesamte Branche einfach zwei Jahre Stillstand hatte und alle Reserven aufgebraucht sind."
Wie schaut es bei den Wirten aus? "Ich habe mittlerweile alle Bedienungen beieinander, sogar etwas mehr, als ich brauche", erzählt Festwirt Martin Lechner. Allerdings sei es noch nie so mühsam gewesen, Personal – auch für die Küche – zu finden. "Bei den Bedienungen sind zwei Drittel neu dabei. Anders herum wäre es mir lieber."
Laut Max Riedl von der Ausstellungs-GmbH, die hinter der Festplanung steht, zieht sich das Personalproblem wie ein roter Faden durch die Vorbereitungen. Wirte, Schausteller und die komplette Organisation drum herum haben Probleme, genug Mitarbeiter zu finden. "Bei so einer großen Veranstaltung sind gute Netzwerke wichtig. Aber auch die haben sich über die Corona-Pause zum Teil verstreut oder ganz eliminiert."
In Sachen Logistik sei die Lage ebenso angespannt. Die gestiegenen Spritpreise, fehlende Fahrer, kaum Bauzäune oder Container – "es war eine große Herausforderung". Er sagt dennoch: "Wir versuchen, den Bürgern genügend Abstand von den Alltagssorgen zu verschaffen." Fürs lang vermisste Gäubodenfest-Glück.