Edi Reinbold: Das mit der Bräurosl war ein Schock
AZ: Lieber Herr Reinbold, Ihr Wiesn-Kollege Georg Heide hat in der Bräurosl hingeschmissen. Wird Ihr Schützenfestzelt auch bald frei?
EDI REINBOLD: Nein! Aber ich gebe zu: Das mit der Bräurosl war ein Schock! Von diesem Donnergewitter muss ich mich erst erholen – wir alle. Das gab es ja so noch nie, dass jemand freiwillig auf dem Oktoberfest aufhört – nicht etwa aus gesundheitlichen Gründen.
"Durch Corona hat sich leider die ganze Welt verändert, auch die Wiesn"
...sondern aus finanziellen. Für Außenstehende ist das schwer zu verstehen: Wer verabschiedet sich freiwillig von einem Millionen-Geschäft?
Durch Corona hat sich leider die ganze Welt verändert, auch die Wiesn. Das sonst sehr gute Geschäft ist plötzlich Hochrisiko, weit weg von jeglicher Planungssicherheit. Wer nicht genug Rücklagen hat, kommt schnell ins Schwimmen. Und: Die meisten Versicherungen wollen wegen einer Pandemie nicht greifen, das ist für uns alle bitter, da wird momentan hart verhandelt. Es werden bei allen Wiesnwirten hohe Zahlungen aufgerufen, obwohl die Wiesn heuer abgesagt wurde – was ich übrigens richtig finde, auch wenn man das als Wiesnwirt wahrscheinlich gar nicht laut sagen darf.

Wie schaut es bei Ihnen aktuell aus – wer möchte für die abgesagte Wiesn Geld?
Viele. Sehr viele. Es ist ja alles gestaffelt, mit vielen Geschäftspartnern habe ich Zehn-Jahres-Verträge. Bald wird bei mir wieder eine Summe fällig, bei der einem schwindelig wird. Wir haben auch sonst immer einen Haufen Geld im Voraus bezahlt, aber mit dem Wissen, dass ab Mitte September Geld reinkommt. Das wird heuer nicht passieren, wer weiß, wie es 2021 ausschaut.
Konkret heißt das?
Für meinen Zeltaufbau muss ich zum 1. Juli etwa eine halbe Million Euro zahlen, obwohl das Zelt gar nicht aufgebaut wird. Bald wird eine Rechnung der Kapelle fällig, obwohl keine Kapelle spielen wird. Das lässt sich so unendlich weiterspielen. Ein Wahnsinn.
Reinbold: "Ich hab schon mal besser geschlafen"
Haben Sie schlaflose Nächte?
Jedes Geschäft birgt ein Risiko, immer. Gerade ist es besonders hart, so hart wie selten zuvor. Auch ich habe schon mal besser geschlafen. In Panik zu verfallen, bringt auch nichts. Ich probiere, nach vorn zu schauen. Doch ich verstehe jeden, dem es gerade alles andere als gut geht. Mehr Bauchschmerzen als die Wiesn bereitet mir nur das Geschäft in der Innenstadt.
Hat sich die Gastronomie noch nicht erholt?
Nicht wirklich. Klar: Die Gärten, das Draußen-Geschäft, das läuft bei schönem Wetter. Aber drinnen will niemand sitzen, da herrscht gähnende Leere. Zusätzlich fehlen die Touristen – vor allem die Chinesen. Ich sag es ganz ehrlich: Finanziell wäre es schlauer, alle meine Betriebe vom Franziskaner bis zum Löwenbräukeller zuzusperren. Aber das wäre zu traurig, wenn die Stadt tot wäre – und das absolut falsche Signal. Also lasse ich alles offen – wie die meisten Kollegen auch. Als Zeichen für die Menschen, dass wir weiter für sie da sind.