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Drama auf der Wiesn! Wem gehört die Schützenlisl?

Wirt Lorenz Stiftl will ein Zelt nach der bekannten Volksheldin benennen – die Idee gefällt der Stadt und er bekommt die Zusage. Doch nun könnte es Ärger geben.
von  Paul Nöllke
Streit um die begehrte Schützenlisl.
Streit um die begehrte Schützenlisl. © Imago/HRSchulz

München - Alle wollen diese Frau: Die Schützenlisl ist eine begehrte Dame – und das sogar im stolzen Alter von über 140 Jahren. Ein brisanter Streit um sie könnte nun sogar die Wiesn betreffen.

1881 entstand das Gemälde der Schützenlisl. Die – für damalige Verhältnisse recht anzüglich dargestellte – Dame zierte ein Bierzelt auf der Theresienwiese – und lockte so Scharen von Gästen zu den Bierkrügen.

Streit um die begehrte Schützenlisl.
Streit um die begehrte Schützenlisl. © Imago/HRSchulz

Die "Schützenlisl" verdrängt die "Schönheitskönigin"

Diese Geschichte dürfte auch Wiesnwirt Lorenz Stiftl gefallen haben, denn er bewarb sich heuer für ein Zelt auf der Oidn Wiesn. Der Name dieses Zelts: "Schützenlisl". Auf Zeichnungen für sein neues Zelt prangt der Schriftzug samt dem Gemälde der Frau groß über dem Eingang.

Dieses Konzept gefiel den Verantwortlichen der Stadt so gut, dass Lorenz Stiftl den Zuschlag bekam. Die "Schützenlisl" soll nun anstatt der "Schönheitskönigin" auf der Oidn Wiesn stehen dürfen. Das ist schön für den Wiesnwirt Stiftl, aber ärgerlich für die bisherige Wirtin der "Schönheitskönigin", Gerda Reichert. Und noch jemand ärgert sich über Stiftls neues Wiesnzelt.

Gibt's nimmer: das Festzelt "Schönheitskönigin".
Gibt's nimmer: das Festzelt "Schönheitskönigin". © imago/imagebroker

"Wir haben uns schon sehr gewundert", erklärt der Brauer Dietrich Sailer der AZ. Denn noch vor ein paar Monaten hatte Sailer ein Gerichtsverfahren gegen Stiftl geführt. Der Anlass: die Rechte an der Schützenlisl.

Schützenlisl-Rechte gehören zur "Münchner Kindl"-Brauerei

Dietrich Sailer gehören nämlich die Rechte an der historischen "Münchner Kindl"- Brauerei. Diese legendäre Brauerei baut der Brauer gerade im Osten Münchens wieder auf, Ende 2023 soll sie eröffnen.

Dietrich Sailer.
Dietrich Sailer. © picture alliance/dpa

Und laut Sailer gehören zu dieser Brauerei auch die Rechte an Namen und Bild der Schützenlisl. Die Brauerei hatte früher das Bild auf Flaschen und Bierkrüge gedruckt, damals war die Schützenlisl quasi das Logo der "Münchner Kindl"-Brauerei.

Diese Rechte an der Schützenlisl lagen dann zusammen mit denen an der Brauerei-Marke bei Löwenbräu – bis Sailer die begehrte Lisl eben mit der Marke kaufte, erklärt er.

Ähnlich sah das auch das Gericht. Zwar habe Stiftl sich 2016 schon einmal um ein "Schützenlisl"-Zelt beworben, aber die Bewerbung war nicht erfolgreich – die Rechte an der Marke also inzwischen verfallen. Im Sommer 2021 hatte Stiftl zwar seinen Biergarten noch nach der Schützenlisl benannt, das habe aber nur dazu gedient, den Verfall der Marken zu verhindern, erklärte das Gericht. Also: Sailer darf die Schützenlisl in Wort und Bild für seine Brauerei nutzen. Aber was ist mit Stiftls Wiesnzelt?

"Wenn er nicht gewinnt, spielt Stiftl ganz schön auf Risiko"

Das ist die große Frage, die noch nicht ganz klar zu beantworten ist. Denn: Stiftl hat Berufung eingelegt, noch ist also nichts final entschieden. Auf AZ-Anfrage gibt sich Stiftl siegessicher: Wem die Schützenlisl gehöre, sei noch gar nicht klar. Und falls er das Zelt nicht nach ihr benennen darf? Lorenz Stiftl sagt, er sei sich sicher, dass dieser Fall nicht eintreffen werde.

Lorenz Stiftl.
Lorenz Stiftl. © Bernd Wackerbauer

Doch auch Sailer sagt: "Wenn Herr Stiftl jetzt keine neuen Argumente bringt und in der nächsten Instanz verliert, spielt er mit dem Zelt ganz schön auf Risiko." So könnte es sein, dass Stiftl das Zelt nicht nach der Schützenlisl benennen darf – und sein Konzept, mit dem er den Zuschlag der Stadt erhalten hat, nicht umsetzen kann.

"Die Stadt hat dem Urteil wohl keine Aufmerksamkeit geschenkt", meint Sailer, "denn das Konzept hatte in der Auswahl ja eine große Bedeutung." Wie es nun weitergeht? "Es bleibt spannend", sagt Sailer.

Das große Gemälde der Schützenlisl, das Friedrich August Kaulbach gemalt hat (s. Kasten), hängt übrigens im Festsaal im Augustiner Schützengarten. Es gehört der Königlich Privilegierten Hauptschützengesellschaft, die in der Vergangenheit ebenfalls Ansprüche erhoben hat, in den jetzigen Streit aber nicht involviert ist.

Die Schützenlisl: Sie ist in diesen Monaten vielleicht Münchens begehrteste Dame – so wie schon damals, vor über 140 Jahren auf der Theresienwiese.


Die Schützenlisl: Wer war die Kellnerin?

Schützenlisel, dreimal hat's gekracht
Schützenlisel, du hast mir das Glück gebracht

Ja Schützenlisel, dafür dank' ich dir!
Jetzt bin ich der Schützenkönig
Und du bleibst bei mir!

Immer wenn du dich jetzt küssen lässt.
Denk ich an das Schützenfest!

Dieser Schlager von Gerhard Winkler ist einer der ersten Wiesnhits der Nachkriegszeit. Erdichtet nach einem realen Vorbild. Das bekannte Porträt von Friedrich August Kaulbach aus dem Jahr 1881 zeigt die Kellnerin Coletta Möritz. Der Künstler traf die damals 18-Jährige im "Sternecker Bräu", er war begeistert und malte sie statt mit einer Kappe mit einer Schützenscheibe auf dem Kopf. Ihr Bild war Deko beim 7. Deutschen Bundesschießen.

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