Die Wiesn beginnt im Stall
Für die Pferde, die zum Einzug der Wiesn-Wirte die Brauerei-Kutschen ziehen, beginnt der erste Wiesn-Tag bereits um zwei Uhr früh. Die AZ ist beim Schmücken und Anspannen der Tiere dabei.
Maxvorstadt - Lautes Glocken-Gebimmel hallt durch den Stall im Untergeschoss des Circus Krone. Hugo schnaubt und schüttelt verärgert den Kopf.
Der Rappe trägt bereits das gelbe Stoffhäubchen auf den Ohren und das schwere, mit Glocken geschmückte Geschirr um den Hals. In wenigen Minuten geht es für ihn und seine Kollegen Bubi, Prinz, Max, Wastl und Gino los zum Einzug der Wiesn-Wirte. Die sechs Pferde ziehen die Pschorr-Kutsche.
„Hör jetzt auf!“, weist Pferdebetreuer Joseph Friedl (76) den unwilligen Hugo zurecht. Dann wendet er sich Pferd Gino zu. Behutsam streicht er ihm über die Nüstern und flüstert beruhigende Worte.
Für Gino ist es das erste Mal im Festzug – er ist sichtlich nervös. Als auch ihm das bimmelnde Geschirr angelegt werden soll, tänzelt er unruhig und schüttelt die Mähne.
Doch die Männer des Deslhofs am Irschenberg haben ihre Pferde im Griff. Mit wenigen Handgriffen ist es geschafft.
Seit 35 Jahren ist der Betrieb in Familienbesitz, die Vorbereitungen für den Wiesn-Einzug sind mittlerweile Routine. Dazu gehört auch das frühe Aufstehen: „Seit zwei Uhr bin ich unterwegs“, sagt Gestüts-Besitzer Wolfgang Leitner (65). „Wenn man seinen Beruf so liebt wie ich, ist das kein Problem.“
Zuerst hat sein Team die Pferde gewaschen und gefüttert. Ist das erledigt, geht es an die Feinarbeit: Die Hufe der Pferde werden mit schwarzer Creme bepinselt, damit sie schön glänzen.
Dann werden die Rappen geschmückt: Die gelbe Haube auf die Ohren, das rund 15 Kilo schwere Holzgeschirr um den Hals, und schließlich einen goldenen Maulkorb vor die Schnauze.
Im Innenhof stehen schon die prunkvoll geschmückten Brauerei-Kutschen bereit. Rund fünf Tonnen müssen die Tiere pro Wagen ziehen.
In vorher festgelegter Reihenfolge werden die Rappen vor die Kutsche gespannt.
Joseph Friedl und seine Kollegen lassen die Tiere dabei keine Sekunde aus den Augen. „Pferde sind Herdentiere“, erklärt Friedl, der täglich zehn Kilometer wandert, um sich für den alljährlichen Wiesn-Umzug fit zu halten. „Wenn ein Tier nervös wird, merken die anderen das. Dann müssen wir sie sofort beruhigen.“
Lange müssen sich die Rappen aber nicht mehr gedulden: Um Punkt acht Uhr löst Kutscher Thomas Stadler die Bremse und lenkt den Pschorr-Wagen auf die Straße hinaus, der Festwiese entgegen.