Die Bettel-Mafia auf der Wiesn

Auf der Theresienwiese ist das Betteln verboten – eigentlich. Während des Oktoberfestes ist das Geschäft mit dem Mitleid aber offenbar so lohnend, dass sich viele über das Gesetz hinwegsetzen.
von  Ralph Hub, Timo Lokoschat
Eine Frau sitzt am Wiesn-Haupteingang auf dem kalten Boden. Sie präsentiert ihre Beine mit offenen Wunden und bettelt um Geld. Der junge Mann in den roten Turnschuhen schaut derweil nach Polizisten – und lässt sich von ihr das Geld aushändigen.
Eine Frau sitzt am Wiesn-Haupteingang auf dem kalten Boden. Sie präsentiert ihre Beine mit offenen Wunden und bettelt um Geld. Der junge Mann in den roten Turnschuhen schaut derweil nach Polizisten – und lässt sich von ihr das Geld aushändigen. © Lokoschat

München - Das Oktoberfest ist ein lohnendes Geschäft – nicht nur für Wiesnwirte und Schausteller. Auch die Bettel-Mafia macht Kasse. Rund um die Theresienwiese lungern Dutzende auffällige Gestalten herum und schnorren die Besucher an. Manche sind sogar so dreist, dass sie trotz Verbot direkt auf dem Festgelände betteln.

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Eine Frau hockt gestern Abend direkt vor dem Haupteingang, direkt gegenüber dem Mahnmal zum Wiesn-Attentat. Sie hat offene Wunden an den Beinen, die sie zur Schau stellt. Viele bekommen Mitleid bei dem Anblick. Immer wieder werfen Wiesnbesucher ein paar Münzen im Vorbeigehen in den Pappbecher, den die Frau in der Hand hält.

In ihrer Nähe treibt sich ein Aufpasser herum. Der junge Mann in den roten Turnschuhen hält die Augen offen, schaut, ob sich eine Polizeistreife nähert. Mehrmals kassiert er bei der Frau ab. Tauchen Uniformträger auf, packen die Bettler zusammen und verschwinden blitzschnell. „Sie wissen, dass sie festgenommen werden und das Geld beschlagnahmt wird“, sagt ein Polizist.

Eigentlich ist die komplette Theresienwiese für Bettler tabu. Doch nirgends sitzt das Geld momentan so locker wie bei Wiesn-Besuchern. Manche stecken Scheine in die Becher. Je später der Abend, desto großzügiger die Spenden. Die ersten Bettler tauchen frühmorgens auf. Zwei Männer stehen an der Hackerbrücke direkt an der Treppe vom Bahnsteig. In der Kurt-Haertel-Passage beim Europäischen Patentamt sitzen weitere.

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Mit jedem Meter, den man der Wiesn näher kommt, trifft man auf mehr Mitglieder der organisierten Clans. Zwischen Bayerstraße und Festgelände hockt alle 20 Meter jemand. Drei Männer haben kleine Hunde dabei, andere humpeln auf Krücken durch die Grünanlage. Auch vor den Toiletten gegenüber dem Haupteingang und am Bavariaring sitzen Frauen und Männer.

Manche haben Verstümmelungen und erkennbare Krankheiten. In einigen Fällen sind die Behinderungen auch nur vorgetäuscht. Ermittler der Polizei, die sich in München seit vielen Jahren mit dem Problem beschäftigten, sind sich sicher: Von der Beute sehen diese Menschen nichts. Meist landet das Geld zügig per Überweisung bei den Hintermännern im Ausland.

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