Die Anwohner wappnen sich für die Wiesn
MÜNCHEN - Bald wird Karl Niederwieser wieder sein Hoftor abschließen. Dann beginnt das 179. Oktoberfest auf der Theresienwiese. Und Niederwieser will Vorkehrungen treffen: gegen Betrunkene, die durch die Straßen torkeln und sich im Vorgarten erleichtern, sich übergeben oder gar dort übernachten. Wogegen er nichts machen kann, sind der nicht enden wollende Lärm und das Verkehrschaos rund um die Wiesn.
Der 77-Jährige wohnt seit 60 Jahren in der Rückertstraße, die unmittelbar an den Bavariaring um die Theresienwiese grenzt. Irgendwann hatte Niederwieser genug von dem Trubel – 2001 gründete er eine Bürgerinitiative.
„Wir haben uns einfach nicht einschüchtern lassen“, erzählt der frühere Wirtschaftsingenieur. Mehr als 20 Anträge hat er gestellt, mehr als 700 Unterschriften gesammelt. Mit Erfolg: Inzwischen sei schon einiges besser, die Stadt bemühe sich.
So ist seit zwei Jahren der Ring um die Festwiese komplett gesperrt. „Damit konnten wir die Verkehrssituation für die Anwohner verbessern“, sagt Alexander Miklosy, Chef des Bezirksausschusses Ludwigsvorstadt-Isarvorstadt. Noch vor zehn Jahren war der gesamte Ring mit Campingmobilen zugeparkt, jetzt kommen nur noch Anwohner dorthin.
Problematisch ist aber immer noch der Lärm, den Festgäste auf dem Nachhauseweg verursachen. „Was immer mehr überhand nimmt, sind die After-Wiesn-Aktivitäten: Da werden Partys in den Straßen abgehalten.“ Lärm machen auch die Achterbahnen. Die waren lange Zeit nahe dem Bavariaring aufgestellt. „Wir haben einen Antrag gestellt, dass die Achterbahnen versetzt werden“, erinnert sich Niederwieser.
Verbesserter Lärmschutz war immer wieder Gesprächsthema in den Bürgerversammlungen. Miklosy: „Der Betreiber des Eurostars hat für viel Geld die Rollen der Achterbahnwagen mit Gummi ummanteln lassen.“ Damit sei eine wesentliche Verbesserung geschaffen worden. „Aber dass die Leute schreien, gehört einfach dazu.“
Neben dem Lärm verursachen die Festgäste nicht nur viel Abfall, sondern verrichten zum Teil auch ungehemmt ihr Geschäft in der Öffentlichkeit. Niederwieser fordert deshalb mehr Toiletten, auch auf den Hauptzugangswegen zu den umliegenden U-Bahn-Stationen.
Münchens Referent für Arbeit und Wirtschaft, Dieter Reiter, weiß um die Belastung für die Anwohner: „Wir reinigen schon so oft es geht.“ Zudem sei es eine jährliche Aufgabe, zusätzliche Toiletten auf der Wiesn aufzustellen. An jedem Ausgang stehen mobile Klos.
„Wir haben probeweise sogar Toiletten auf den Zugangswegen der U-Bahn-Stationen aufgestellt. Die wurden aber leider gar nicht frequentiert.“ Oft habe er gesehen, wie sich Menschen erleichtern – direkt neben den Klos. Eine Entsorgungspauschale, wie mehrfach von Bürgern gefordert, komme aber nicht infrage. „Bei der Reinigung geht es nicht ums Geld“, erklärt Reiter. „Unsere logistischen Kapazitäten sind ausgereizt.“ Während des Oktoberfestes herrsche die höchste Reinigungsstufe.
Niederwieser betont: „Keiner will, dass das Oktoberfest woanders stattfindet.“ Aber mit dem traditionellen Frühlingsfest, dem Oktoberfest und dem Tollwood-Festival sei die Theresienwiese schon mehr als ausgelastet. Er habe etwas dagegen, dass sie das ganze Jahr „zugepflastert“ werde.
Miklosy erinnert daran, dass die rund 40 Hektar große Theresienwiese eine Schenkung zur Erholung der Anwohner war. „Die kommt deutlich zu kurz.“