41 Jahre nach Oktoberfestattentat: Opfer einigt sich mit Freistaat auf Entschädigung
München - Obwohl er eine Maske trägt, ist Robert Höckmayr die Erleichterung anzumerken. Gerade eben hat er mit dem Freistaat einen Vergleich abgeschlossen, der ihm eine höhere Grundrente bringen wird – und endlich einen sechs Jahre währenden Rechtsstreit beendet.
Höckmayr verlor am 26. September 1980 durch den Anschlag eines rechtsextremen Attentäters zwei Geschwister. Zwei andere Geschwister nahmen sich später das Leben, weil sie mit dem Erlebten nicht fertig wurden. Der damals 12-Jährige wurde selbst schwer verletzt. Körperlich und seelisch.
Nach 42 Operationen stecken immer noch Bombensplitter in seinem Körper
Wenn man mit ihm spricht, spürt man die Verbitterung. Auch im Prozess am Sozialgericht macht er keinen Hehl aus seiner Wut. Der Staat habe sich zunächst gar nicht um ihn als Opfer gekümmert. Seine Kindheit sei ihm genommen worden.
Aufgrund seiner Verletzungen konnte er weder Fußball spielen noch Schlittschuh laufen. Auch nach 42 Operationen stecken immer noch Bombensplitter in seinem Körper, er kann nur schwer laufen, seine Ohren wurden geschädigt und er leidet unter einem posttraumatischen Belastungssyndrom. Sein Traum vom Beruf des Feuerwehrmannes platzte.
Der Freistaat Bayern zeigte sich bislang wenig erkenntlich
Bei Begutachtungen, die den Zusammenhang seiner körperlichen und seelischen Erkrankungen mit dem Attentat untersuchen sollten, sei er als Simulant und Lügner bezeichnet worden. "Man hat mich wie einen Bittsteller behandelt", berichtet er. Höckmayrs Anwalt Alexander Frey glaubt, dass der Staat prinzipiell zu wenig für die Opfer von Anschlägen tue.
Das Zentrum Bayern Familie und Soziales (ZBFS) hatte bei Höckmayr zuletzt nur einen Grad der Schädigungsfolge (GdS) von 50 festgestellt. Freys Ziel am Sozialgericht ist ein GdS von 70, was sich auf die Höhe der Grundrente Höckmayrs auswirken würde.
Die Richterin macht klar, dass 70 wohl zu hoch gegriffen ist. Aber plötzlich schlägt die Stimmung um, es wird vorweihnachtlich versöhnlich im Saal. Der Vergleichsvorschlag des Gerichts (ein GdS von 60) stößt auf offene Ohren.
Die neue Regelung bedeutet knapp 400 Euro zusätzliche Rente pro Monat – und zwar rückwirkend bis ins Jahr 2015. Ein Erfolg, ja, aber das Trauma bleibt. "Je näher es auf die Wiesn zugeht, desto schlimmer werden die Träume und die Schlaflosigkeit", sagt Höckmayr. "Wenn ich die ersten Trachten seh, brodelt das wie ein Vulkan nach oben."
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