12.000 frische Maß: So kommt das Wiesn-Bier ins Zelt
Woher kommt eigentlich das viele Bier? Die AZ hat einen Transport begleitet – von Hofbräu in Riem bis ins Zelt. Ein unscheinbares Kästchen hat dort eine ganz besondere Funktion.
München - Wenn in den Zelten auf der Festwiese gerade die letzte Runde ausgeschenkt wird, geht die Arbeit für Goran Vidovic (35) auf dem großen Brauereigelände in Riem erst los.
Um Punkt 22Uhr schraubt der kräftige Mann mit den raspelkurzen Haaren und dem warmen Lächeln einen großen roten Schlauch ans Heck seines Hofbräu-Lastwagens. Hinter dem weiß-blauen Schriftzug auf dem Auflieger ein Biertank, der stolze 12000 Liter fasst.
Bevor das auf 0,5 Grad heruntergekühlte Festbier aber vom Lagertank in den Laster fließen darf, gilt es zuerst einmal, eine ganze Reihe bürokratischer Notwendigkeiten zu erledigen. Denn jeder abgefüllte Tropfen Bier wird in der Brauerei genauestens dokumentiert, ebenso die Reinigung der Tankwagen:
Auf einem kleinen Zahlenfeld rechts des Tankschlauches tippt Vidovic einen Code ein und bestätigt damit den Abschluss der Reinigung des Tanks. Ein entsprechender Beleg mit genauer Uhrzeit rattert aus einem kleinen Schlitz neben dem Zahlenfeld heraus, um in der Brauerei archiviert zu werden.
Im nächsten Moment schießen Druckluft und Reste der Reinigungsflüssigkeit aus einem kleinen weißen Schlauch, der vom Tanklaster bis auf die betonierte Straße der Brauerei hinausführt und von einem Eimer am Boden gehalten wird.
Während die schaumige Flüssigkeit in einem Gulli versickert, wendet Vidovic sich bereits einem Bildschirm links des Tankschlauchs zu. Hier gibt er einen weiteren Zahlencode ein und bestimmt dann die Biermenge, die in den Tank gepumpt werden soll – 120 Hektoliter, ganz voll also.
Bis der Tank voll gelaufen ist, dauert es eine gute halbe Stunde, in der Goran Vidovic seinen Lastwagen nicht aus den Augen lässt.
Als der Bierfluss automatisch stoppt, werden alle Schläuche abgeschraubt und die Ventile mit einem Schraubenschlüssel zugezogen.
Noch schnell eine Palette neue CO2-Kartuschen einladen zum Kühlen im Laster, dann geht es für Vidovic und einen Kollegen los Richtung Festgelände.
Das KVR achtet aus Sicherheitsgründen genau darauf, vor Mitternacht keine Lieferungen auf die Festwiese zu lassen – kurz nach zwölf drängen dann alle aufs Gelände.
Im Hofbräu-Zelt sind insgesamt 17 Biertanks verbaut, die es alle bis Sonnenaufgang neu zu befüllen gilt. Auch sie verfügen über eine digitale Füllanzeige, so dass Vidovic und sein Kollege an ihrem Tanklaster genau einstellen können, wie viel Bier umgefüllt werden muss.
Das Befüllen selbst geschieht über einen unauffälligen Anschluss neben dem rechten Hinterausgang. Das Vorhängeschloss an dem kleinen gelben Kasten in der Wand wird entfernt, das dahinter zum Vorschein kommende Rohrende mit hochprozentigem Alkohol desinfiziert und schließlich der größte Schlauch angeschraubt, über den der Hofbräu-Lastwagen verfügt.
Direkt neben einem jungen Mann in Lederhose, der sich den Hintereingang zum Ausschlafen seines Rausches ausgesucht hat, strömen kurz darauf mit einem Knopfdruck Hunderte Liter Bier ins Festzelt.
Vidovic schätzt, dass er in dieser Nacht drei weitere Tankladungen aus Riem auf die Theresienwiese bringen muss.
48000 Maß Nachschub? „Vielleicht wird die letzte Ladung nur noch halb voll“, präzisiert er. „Zum Wochenbeginn wird immer etwas weniger getrunken.“