Oktoberfest-Plakate: Wie gemalt zum Granteln

Am Mittwoch stellt die Stadt das Plakat für die Wiesn 2015 vor – und schon gilt als sicher: Es wird nicht allen gefallen. Denn das war schon immer so. Ein Streifzug durch die Oktoberfest-Kunstgeschichte(n).
Annette Baronikians |
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„Das allererste Siegermotiv des Wettbewerbs: Wiesn-Plakat 1952.
ho 9 „Das allererste Siegermotiv des Wettbewerbs: Wiesn-Plakat 1952.
Öfter dabei, immer fröhlich – das Münchner Kindl: Wiesn-Plakat 1968.
ho 9 Öfter dabei, immer fröhlich – das Münchner Kindl: Wiesn-Plakat 1968.
Die Herzerl-Verkäuferin zierte als erstes Motiv auch den Jahreskrug: Wiesn-Plakat 1978.
ho 9 Die Herzerl-Verkäuferin zierte als erstes Motiv auch den Jahreskrug: Wiesn-Plakat 1978.
„Ein tiefschwarzes Motiv? Vielen war es zu finster: Wiesn-Plakat 1988.
ho 9 „Ein tiefschwarzes Motiv? Vielen war es zu finster: Wiesn-Plakat 1988.
Soll das ein Bierkrug sein? Minimalistischer geht’s kaum: Wiesn-Plakat 1994.
ho 9 Soll das ein Bierkrug sein? Minimalistischer geht’s kaum: Wiesn-Plakat 1994.
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Ein Pferd mit Bierkrügen, ein handfester Plagiatsstreit: Wiesn-Plakat 1999.
ho 9 Ein Pferd mit Bierkrügen, ein handfester Plagiatsstreit: Wiesn-Plakat 1999.
Traditionell oder unmodern? Ein Münchner-Kindl-Motiv wie anno dazumal: Wiesn-Plakat 2012.
ho 9 Traditionell oder unmodern? Ein Münchner-Kindl-Motiv wie anno dazumal: Wiesn-Plakat 2012.
Zuletzt ging’s kunterbunt zu – mit einem Oktoberfest-Bussi-Pop-Art-Werk: Wiesn-Plakat 2014.
ho 9 Zuletzt ging’s kunterbunt zu – mit einem Oktoberfest-Bussi-Pop-Art-Werk: Wiesn-Plakat 2014.

München - Wenn man so will, ist es schon gelebte Münchner Tradition: Alle Jahre wieder gibt es ein neues Wiesn-Plakat – und ebenso traditionsgemäß ist dieses stets ein Anlass zum Granteln. Mal wird das Motiv als zu naiv bekrittelt, mal als zu modern und manchmal auch alles miteinander. Worte wie „läppisch“ zählen noch zu den harmloseren Beschreibungen, mit denen das jeweilige Kunstwerk bedacht oder verlacht wird. Am heutigen Mittwoch ist es wieder so weit: Die aus elf Mitgliedern bestehende Jury kürt und präsentiert das (zuletzt alljährlich mit 2500 Euro Preisgeld dotierte) offizielle Wiesn-Plakatmotiv 2015. Die Qual der Wahl haben neben Stadträten wieder Fachpreisrichter aus Werbung und Grafik-Design sowie des Referats für Arbeit und Wirtschaft (RAW).

Neu ist dieses Jahr der Jury-Vorsitzende des städtischen Oktoberfest-Plakatwettbewerbs. Weil der bisherige RAW- und Wiesn-Chef Dieter Reiter inzwischen Münchens Oberbürgermeister ist, darf heuer erstmals sein Amtsnachfolger, Bürgermeister Josef Schmid, das aktuelle Plakatmotiv vorstellen – und gegebenenfalls rechtfertigen.

Wie konnte die Jury zum Beispiel 1994 nur diesen angedeuteten Bierkrug aus drei Farbstrichen küren? Was bewog die Preisrichter bloß 1988 und 1996? Wieso entschieden sie sich für Motive in Tiefschwarz? Die Wiesn, das ist doch nichts als Lebensfreude. Wie passen da solche Plakate? „Finster, düster, trist“, so wurde geunkt.

Doch auch das komplette Gegenteil erhitzte schon mehrfach die Gemüter: Heiterer und farbenfroher könnten die so vielen Plakate mit Bedienungen, Trachtlern, Musikanten, Herzen, Bierkrügen und Co. wahrlich nicht sein. Allerdings sind diese Werke in der Regel natürlich recht traditionell. Das mögen die einen, die anderen lästern: zu bieder, zu unmodern! Uneins waren sich die Münchner beispielsweise über das Siegerplakat von 2012. Damals gewann ein Motiv, das genauso gut vor 50 Jahren hätte ausgewählt werden können: das naiv dargestellte Münchner Kindl mit typischen Wiesn-Symbolen, nicht unähnlich den Kindl-Darstellungen von 1966 oder 1968.

Auch innerhalb der Jury kommt es immer wieder zu unterschiedlichen Ansichten. In die Wiesn-Plakat-Annalen ging das Jahr 1999 ein – mit dem letztlich doch abgelehnten Motiv einer frech grinsenden Kellnerin mit zwei Maßkrügen im Dekolleté. Gedruckt wurde 1999 schließlich ein Wiesn-Plakat mit einem Pferd und zwei Bierkrügen obendrauf. Dies erschien unverfänglich zu sein und sorgte dann für einen handfesten Skandal: Der Siegerin wurde Plagiat vorgeworfen, das Preisgeld letztlich zwischen zwei Künstlern aufgeteilt.

Ganze 47 Jahre zuvor, anno 1952, hatte schon mal ein Plakat mit Pferd und Bierkrug für Aufsehen gesorgt, allerdings nur für positives: Es war das Siegermotiv der allerersten Wettbewerbs-Ausschreibung. Für diese hatte sich die Stadt entschieden, um mit der Plakatwerbung „zum Besuch des Münchner Oktoberfestes anzureizen“.

Sind heute freie Plätze in den Festzelten Mangelware, so mangelte es seinerzeit an auswärtigen Besuchern. Zur Belebung des Fremdenverkehrs wurde vor allem in den Bahnhöfen der Nachbarländer plakatiert. Ab 1961 gab es auch Wiesn-Plakate mit englischem Text für die USA.

Die höchste Auflage aller Zeiten betrug 25 000 Exemplare im Jahr 1964. Inzwischen hat sich die Zahl bei 10 000 Plakaten eingependelt, die zur Imagepflege des weltgrößten Volksfestes eingesetzt werden. Werbung braucht die Wiesn schließlich schon lang nicht mehr.

Neben den Plakaten wird auch das preisgekrönte Oktoberfest-Motiv 2015 wieder allerlei lizenzierte Wiesn-Souvenirs zieren. Diese reichen von Reinigungstüchern für Handy-Displays über T-Shirts und Taschen bis zum offiziellen Oktoberfest-Jahreskrug, der ein begehrtes Sammlerobjekt ist. Bleibt abzuwarten, auf welches Echo die diesjährige Jury-Entscheidung stoßen wird. Dass auch das neue Wiesn-Motiv wieder Anlass zum Granteln bieten wird, steht dabei ebenso fest wie der Wiesn-Start 2015. Am Samstag, 19. September, ist es so weit, dann zapft OB Dieter Reiter das erste Fass Wiesn-Bier an.

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