"Ohne Olympia keine zweite Röhre"

Der Verkehrsminister bringt Münchens Politiker auf die Barrikaden
MÜNCHEN - Vermuten durften es die Münchner ja schon lang. Nun darf es als Gewissheit gelten: Ohne den Zuschlag für die Olympischen Winterspiele 2018 wird die zweite Stammstrecke auf absehbare Zeit nicht gebaut.
OB Christian Ude hat darüber bereits geredet. Bundesverkehrsminister Peter Ramsauer (CSU) hat das jetzt in einem „SZ”-Interview bestätigt. Wenn München am 6. Juli bei der Olympia-Vergabe im südafrikanischen Durban verliert, dann müsse der Bau der zweiten Röhre warten, so Ramsauer – „bis 2025, wenn nicht sogar darüber hinaus”.
Die zweite Stammstrecke hat zwar faktisch mit den Winterspielen nichts zu tun. Aber wegen der Spiele könnte es eine Olympia-Sonderfinanzierung für das Zwei-Milliarden-Euro-Projekt geben. Der Bund soll 60 Prozent der Kosten tragen. Ohne Sonder-Etat würde dies kaum gehen.
Die Proteste kamen prompt. Die Rathaus-FDP verlangte einen sofortigen Baustopp am Marienhof. Dort wurde bereits mit den archäologischen Untersuchungen begonnen. „Es ist ein Unding und dem Rechtsstaat unwürdig, dass ein öffentliches Bauprojekt begonnen wird, ohne dass die Finanzierung gesichert ist”, so der FDP-Fraktionschef Michael Mattar. „Da werden Millionenbeträge verschleudert.”
„Das ist ja wohl nicht zu glauben”, zürnt auch SPD-Fraktionschef Reissl: „Das größte anzunehmende Fiasko. Jahrzehntelang hat die CSU-geführte bayerische Staatsregierung Verbesserungen im S-Bahn-System versprochen und die Münchner anscheinend schlichtweg hingehalten und für dumm verkauft. Dass nun gerade ein Bundesverkehrsminister der CSU das wichtigste Ökologie- und Nahverkehrsprojekt der wachsenden Metropolregion München auf irgendwann verschieben will, ist grotesk und bedarf dringend der Erklärung.”
Die Rathaus-SPD verlangt, dass der Stadtrat in zwei Wochen über die Finanzsituation informiert wird.
Das ist eine „Verhöhnung hunderttausender S-Bahn-Fahrgäste in München und der Region”, sagt Grünen-Fraktionschef Siegfried Benker. „Es ist vollkommen inakzeptabel, das größte Infrastrukturprojekt der Stadt vom Zuschlag für die olympischen Winterspiele 2018 abhängig zu machen und die Entscheidung damit quasi dem IOC zu überlassen.”