„Ohne Jana will ich nicht leben“
AZ-Report: Alexandra (34) sorgt sich liebevoll um ihre kleine schwerkranke Tochter. Um mobil zu sein, braucht die Mama den Führerschein. Doch dazu fehlt das Geld.
München - Sie ist nur ein Häuflein Mensch und doch ist sie so stark: Jana. Etwas über 3000 Gramm wiegt es, dieses kleine Mädchen, das schon so viel durchmachen musste in seinem jungen Leben. Denn Jana hat einen angeborenen Herzfehler. Zwei Löcher klaffen in dem winzigen Herzen des drei Monate alten Kindes.
„Jana ist eine Kämpferin!“ Ihre Mutter Alexandra Tatsiopoulou steht am Bettchen ihres kleinen Engels. Erst vor ein paar Tagen konnten die Ärzte den Beatmungsschlauch entfernen, Jana selbst atmen lassen. Doch immer noch hängen riesige Schläuche an ihr, für unterstützenden Sauerstoff und Medikamente. Ein quadratisches Pflaster, fast so groß wie der ganze Brustkorb, klebt auf dem Oberkörper des Säuglings. Schmerzlich erinnert es die Mutter an die Operation der Kleinen vor einer Woche. Ein Herzkatheter wurde Jana eingepflanzt, der dritte seit ihrer Geburt.
„Ich wusste schon im fünften Monat, dass sie krank ist. Aber dass es so schlimm wird, hätte ich nicht gedacht“, sagt die junge Mutter. Mit Mundschutz beugt sie sich über ihren Schützling, immer in Sorge, seine Gesundheit zu gefährden.
Janas Hände sind winzig, wie alles an ihr. Fast verloren liegt sie in ihrem Bettchen, angeschlossen an all diese Maschinen, die jede Regung ihres Körpers aufzeichnen.
„Mein Frauenarzt schickte mich ins Herzzentrum“, erzählt die 34-jährige Mutter von ihrer Schwangerschaft. „Ich sehe ein Loch im Herz“, sagte der behandelnde Arzt. Genaueres wusste er jedoch noch nicht.
Alexandra Tatsiopoulou sprach mit einer anderen Ärztin. Sie empfahl ihr, abzutreiben, weil der Verdacht bestand, Jana könnte neben dem Herzfehler auch das Down-Syndrom haben. „Das hat mich erschüttert, dass eine Frau mit zwei Kindern mir so etwas nahe legen wollte.“ Noch heute ist Alexandras Gesicht erfüllt von Fassungslosigkeit, wenn sie davon erzählt.
Sie wollte Jana, krank oder gesund, es sei doch ihr Kind. In Großhadern fand sie eine Klinik, in der sie sicher gebären konnte. In der sich Spezialisten kümmern konnten um Janas schwaches Herz.
Als das kleine Mädchen am 12. August, vier Tage zu früh, per Kaiserschnitt auf die Welt kam, schrie es wie am Spieß. „Den ganzen Kreißsaal hat sie zusammengeschrien“, die Mutter lächelt, als sie sich daran zurück erinnert, „das ist das einzige Mal, dass ich sie wirklich gehört habe.“
Denn knapp drei Wochen nach der Geburt, folgte der erste Eingriff. Ein Katheter wurde eingesetzt, 14 Tage später folgte eine zehnstündige Marathon-OP. „Ich habe versucht, mich zu beschäftigen. Am Anfang ging das, aber die letzten Stunden habe ich nur auf die Uhr gestarrt.“
Seitdem liegt Jana, an unzählige Kabel angeschlossen, auf der Intensivstation. Erst zweimal konnte Alexandra Tatsiopoulou sie im Arm halten. Nichts wünscht sie sich sehnlicher, als es bald wieder zu tun. Bis dahin zehrt sie von Erinnerungen: „Das zweite Mal war am 31. Oktober, das Datum weiß ich noch genau“, erzählt sie, „es war ein schöner Herbsttag und ich war so traurig, dass alle Mütter mit ihren Kindern raus konnten, nur ich nicht.“ Doch als sie die Station betrat, hatten die beiden Schwestern eine Überraschung für sie: Sie legten alle Schläuche so, dass die Mutter ihre kleine Jana halten durfte: „Eineinhalb Stunden lag sie in meinen Armen und schlief.“
Janas Schicksal habe sie verändert, sagt Alexandra Tatsiopoulou. „Ich bin sehr sensibel geworden. Lache nicht mehr mit dem Herzen.“ Immer ist diese Angst da, Janas Zustand könnte sich verschlechtern. Schon so oft folgte auf einen Höhenflug ein Absturz – mehrmals sah es so aus, als könnte Jana es nicht schaffen: „Anfangs hatte ich richtige Angst, sie an mich heran zu lassen, mich an sie zu gewöhnen.“ Zu groß war Alexandras Furcht, Jana zu verlieren. Doch schnell merkte sie, dass Jana ihr Leben ist, ihr Ein und Alles: „Wenn sie stirbt, dann möchte ich nicht mehr leben. Viele sagen mir: ‚Du bist jung, du kannst noch andere Kinder haben.' Aber darum geht es nicht: Ich möchte nicht noch ein Kind, ich möchte Jana.“
Derzeit sind die Ärzte zwar zuversichtlich, doch bei einem Kind, dessen Gesundheitszustand so instabil ist, sind Prognosen immer schwer zu treffen. Jeden Tag kommt Alexandra Tatsiopoulou mehrmals auf die Station, um Jana zu besuchen. Lebt auf dem Klinikgelände, um immer schnell bei ihr sein zu können. Als Kellnerin kann sie so nicht mehr arbeiten.
Tatsiopoulou hatte mehrere Monate in einer Großgastronomie gearbeitet, als sie unerwartet schwanger wurde. Aber ihr Chef zeigte kein Verständnis. Alexandra bat darum, nur noch Tagschichten übernehmen zu dürfen, doch ihr Vorgesetzter wollte sie weiterhin nachts arbeiten lassen – arbeitsrechtlich ist das nicht erlaubt. Alexandra ging zu einem Arzt, der die nächtliche Beschäftigung verbot und sie krank schrieb.
Der Kontakt zu ihrem Chef ist seitdem vollständig abgebrochen, das Verhältnis zerrüttet. Zumal er Alexandra Tatsipoulou noch mehrere Monate Lohn und Mutterschaftsgeld schuldig ist, sagt sie.
Mit Hilfe einer Anwältin konnte sich Alexandra zwar einen Teil dieses Geldes erstreiten, aber sie traut sich nicht, weitere gerichtliche Schritte zu unternehmen. Denn ihr Lebenspartner arbeitet weiterhin für dasselbe Unternehmen. Würde man ihm kündigen, wären auch diese mageren Einkünfte weg.
Die ganze Situation ist auch für Alexandras Beziehung eine große Belastung. Die junge Mutter wirkt etwas niedergeschlagen, wenn sie davon spricht: „Für meinen Freund ist das sehr schwierig.“ Seine Tochter so zu sehen, halte er nicht aus. So kommt er nur selten auf der Station vorbei.
Doch Tatsiopoulou wird auch allein weiterkämpfen, für ihre Jana „wie eine Löwin“. Wie sie das alles aushält? „Die Kraft kommt vom Mutterherz – anders kann ich mir das nicht erklären“, sagt sie, „und dem Wunsch, Jana groß werden zu sehen, zu sehen wie sie heiratet und selbst Mutter wird.“
Sie möchte Jana unterstützen auf ihrem Weg, so gut es geht. Wenn sie irgendwann aus dem Klinikum Großhadern darf, nach Hause nach Waldkraiburg. So weit entfernt dieser Tag derzeit auch noch scheinen mag. Ganz gesund wird Jana wohl nie werden – trotz aller Operationen und Mühen der Ärzte.
Auch nach Ende des Aufenthalts in Großhadern wird Jana häufig zu Untersuchungen müssen: Deshalb wünscht ihre Mutter sich so dringend einen Führerschein. Um mobil zu sein für die Kleine und unabhängig. Mit den Öffentlichen wäre die Strecke kaum zu bewältigen mit einem Kind, das gesundheitlich so labil ist. Doch bislang ist dieser Wunsch für Alexandra unbezahlbar. Rücklagen konnte sie mit ihrem geringen Arbeitslohn nie aufbauen. Derzeit kommt sie nur über die Runden, weil ihre Familie ihr von Zeit zu Zeit etwas zuschießt.
Doch auch sie hat nur wenig Geld. Zwar möchte Tatsipoulou wieder arbeiten, aber erst, wenn es Jana wirklich besser geht. Davor hat sie zu viel Angst, sie im Stich zu lassen.
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Alexandra Tatsiopoulou möchte gerne den Führerschein machen – damit sie ihre schwerkranke Tochter unabhängig von öffentlichen Verkehrsmitteln zum Arzt fahren kann. Die Mutter kann die Fahrstunden aber nicht finanzieren. Mit der Aktion „Münchner helfen“ möchte die Abendzeitung ihr und auch anderen bedürftigen Menschen helfen. Mit Ihren Spenden, liebe Leser, wollen wir nötige Anschaffungen – oder in diesem Fall eben den Führerschein – ermöglichen.
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