Ohne Auffangstation? "Das funktioniert nicht!"

Tierheim, Tierpark, Tierschutzbund: Gemeinsam fordern die Experten die Staatsregierung auf, die Reptilien-Station zu unterstützen - sonst droht die Insolvenz.
München - Ob Tierheim-Leiterin, Zoo-Direktor oder der Vorsitzende des Deutschen Tierschutzbundes – alle sind sich einig: Die Auffangstation für Reptilien muss erhalten werden.
Gemeinsam riefen sie jetzt die Politik, vor allem aber Bayerns Umweltministerin Ulrike Scharf (CSU), zum Handeln auf.
Die Räume in der Kaulbachstraße, in denen die Reptilien-Experten derzeit 1000 Exoten betreuen, sind viel zu klein. „Da stapeln sich 100 Giftschlangen auf 15 Quadratmetern bis zu drei Meter hoch“, sagt Stations-Leiter Markus Baur.
Zustände, die kaum noch den Haltungsvorschriften entsprechen – und zudem Gefahren für die Mitarbeiter bergen: Baur selbst wurde vor einiger Zeit von einer Kobra gebissen. Ein äußerst kritischer Zwischenfall, der für den Reptilien-Experten einen langen Krankenhausaufenthalt nach sich zog.
Der Verein will bei Neufahrn einen Neubau errichten und ist für die Erschließung des Areal Verpflichtungen in Höhe von 200 000 Euro eingegangen. Baur: „Im Umweltministerium hat man uns gesagt: da ist ein Zuschuss drin.“ Doch die Finanzspritze blieb aus, und dem Verein droht die Insolvenz.
Dabei ist die Auffangstation für jeden, der im Freistaat direkt mit Tieren zu tun hat, alternativlos: „Wir haben vor 14 Tagen eine Anfrage vom Ministerium bekommen, ob wir nicht auch beschlagnahmte und Fundtiere aufnehmen können“, sagt Hellabrunns Direktor Rasem Baban. „Das kann nicht funktionieren.“
Die Fläche in Hellabrunn sei begrenzt, die Zahl der spezialisierten Tierpfleger ebenso. Deshalb ist auch der Zoo auf die Station angewiesen. Rasem Baban: „Kurz vor den Sommerferien finden wir häufig ausgesetzte Tiere, insbesondere im Dschungelzelt. Teils sind sie für unsere Tiere gefährlich, oft wissen wir nicht, ob sie möglicherweise eine Infektion haben.“
Man sei dankbar, dass sich die Auffangstation um diese Findlinge kümmere. Allein 2015 haben die Reptilien-Experten 70 Exoten von verschiedenen Zoos übernommen.
Auch das Tierheim könne die Auffangstation nicht ersetzen, sagt Leiterin Sandra Giltner. „Ich habe keinen einzigen Tierpfleger, der dafür ausgebildet ist. Außerdem bekäme ich ein Problem mit vielen Mitgliedern des Tierschutzvereins: Reptilien fressen lebend – und man kann nicht auf der einen Seite des Geländes Mäuse als Haustiere vermitteln und sie auf der anderen Seite verfüttern.“
Weil das Tierheim ebenso um zusätzliche Mittel für Terrarien und Personal bitten müsste, fragt sich nicht nur Giltner: „Warum soll eine deutschlandweit einzigartige Einrichtung aufgelöst werden, damit eine andere dieselben Aufgaben macht, was auch Geld kostet?“
Frank Weber vom Bund gegen Missbrauch der Tiere wirft ein: „Durch die Hundesteuer werden in Deutschland jedes Jahr 309 Millionen Euro eingenommen. Warum kann dieses Geld nicht dem Tierschutz zur Verfügung gestellt werden?“
Der Deutsche Tierschutzbund sei bereit, 50 000 Euro zuzuschießen, „wenn die Landesregierung die übrigen drei Viertel des fehlenden Betrags aufbringt“, sagt dessen Präsident Thomas Schröder.
Allerdings habe er gehört, „dass die Umweltministerin gefragt hat, ob all diese Tiere überhaupt so lange leben müssen, wenn man sie nicht vermitteln kann“, sagt Tierschutzbund-Chef Thomas Schröder empört und droht mit einer Strafanzeige: „Wenn diese Aussage stimmt, dann ruft die Ministerin zu einem Verstoß gegen das Tierschutzgesetz auf.“ Immerhin: Bei ihrer Januar-Klausur will die CSU noch einmal über die Zukunft der Auffangstation beraten.