„Oh Happy Day“ und Prost: München feiert Obama

MÜNCHEN - Hunderte Amerikaner fiebern auf Wahlpartys mit ihrem Favoriten Barack Obama mit: „Wir wollen doch, dass die Welt ein tolles Bild von uns hat“
Im Grant Pk in Chicago strahlt Barack Obama sein Siegerlächeln. In München grinst er vom T-Shirt seiner Anhänger. Vor dem weiß-blauen Hintergrund des Oktoberfests, mit vollen Maßkrügen in der Hand. Beseelt haben auch hunderte seiner Münchner Anhänger die Wahlnacht verbracht, auf der traditionellen Veranstaltung im Amerika-Haus oder bei der Demokraten-Party im Restaurant „Busching Garten“ in Bogenhausen.
Auf den Tischen liegen blaue Glitzersternchen und US-Flaggen, daneben die Gläser mit Münchner Hellem und die Teller mit Schweinsbraten in Dunkelbiersauce: 300 Menschen, die sich mit Bayern ebenso verbunden fühlen wie mit Amerika, sind in den Busching-Garten gekommen.
Donna Peavey (48) ist die ganze Nacht lang aufgeregt: „Es ist, als ob ich selbst kandidiere.“ Ein Sieg von John McCain wäre ein Desaster für sie gewesen. „Wie hätte ich das nur meinen deutschen Freunden erklären können?“, fragt sie sich. „Wir wollen doch, dass die Welt ein tolles Bild von den USA hat.“ Per Briefwahl stimmte Peavey deshalb für Obama.
Auch Roberta Kelly ist für den Schwarzen. Seit 1972 lebt die dunkelhäutige Sängerin in Deutschland. Gewählt hat sie nie – bis jetzt. „Politik hat mich nicht interessiert“, sagt sie. Dann sah sie Obama im Fernsehen und war fasziniert. „Bei seinen Reden musste ich weinen, sie haben mich im Herzen bewegt.“ Sie stimmt „Oh Happy Day“ an, das Publikum klatscht eifrig mit.
Währenddessen ist der zehnjährige Benjamin geschäftstüchtig. Er verkauft Obama-Buttons. Wählen darf er zwar noch nicht. Aber er weiß genau, wann: „In sieben Jahren, einem Monat und 15 Tagen“, ruft er spontan.
Die McCain-Sticker bleiben liegen
Im Amerika-Haus sind die Obama-Buttons gratis. Und sie gehen weg wie warme Semmeln, die McCain-Sticker bleiben einsam liegen. Auch wenn die Veranstaltung offiziell neutral ist – eine Testwahl unter den Gästen macht sehr deutlich, wo die Sympathien liegen: 55 für John McCain, aber 561 für Obama.
„Schade, dass wir nicht wählen dürfen", sagt der Deutsche Stefan Beierlein (24). Obama-Anhänger Shari Temple (58) und Eleanor Reagh (36) fiebern heftig mit. Elf Obama-Buttons trägt Temple, die seit acht Jahren in Deutschland lebt und sogar als Vertreterin der Auslands-Demokraten Delegierte auf dem Nominierungsparteitag war. Reagh sagt: „Obama zeigt ein neues Gesicht Amerikas." Als einer der wenigen trägt Norman Blevins einen McCain-Button am Revers, daneben ein Pin in den bayerischen Farben. Aber selbst er als Republikaner sei froh, dass nun die Zeit von George Bush vorbei ist.
Selbst Eberhard Sinner (CSU), bis vor kurzem Chef der bayerischen Staatskanzlei, läuft an diesem Abend mit einem Obama-Button herum. „Ich hab’s der Landesleitung gesagt“, erzählt er. „Macht euren Wahlkampf wie Obama. Das haben die dort überhaupt nicht kapiert.“ Und nein: Das sei gar keine Überraschung, dass ein CSUler für Obama sei. „Der ist kein Sozialdemokrat, der könnte auch bei uns sein.“
Aufgeregt verfolgen die Gäste hier wie dort, wie Obama einen Staat nach dem anderen gewinnt. Sie tippen eifrig in ihren Notebooks, diskutieren im Internet über die historische Nacht. Als dann Obamas Sieg verkündet wird, brandet Jubel auf. Müde, aber glücklich lächeln die Münchner so breit wie das Idol auf ihren T-Shirts.
Philipp Heinz, Anne-Katrin Schade