OEZ-Prozess: Sind die Richter befangen?

Opfer-Anwälte stellen erneut einen Antrag, das Gericht abzulösen. Trotz neuer Indizien erwägt es nicht, wegen Beihilfe zum Mord zu verurteilen.
Nina Job |
X
Sie haben den Artikel der Merkliste hinzugefügt.
zur Merkliste
Merken
0  Kommentare
lädt ... nicht eingeloggt
Teilen  AZ bei Google News
Der Angeklagte Philipp K. (M.) mit seinen Anwälten David Mühlberger (l.) und Sascha Marks.
Sven Hoppe/dpa Der Angeklagte Philipp K. (M.) mit seinen Anwälten David Mühlberger (l.) und Sascha Marks.

München - Es ist der 13. Tag im Prozess um die Mordwaffe vom OEZ: Der Angeklagte Philipp K. (32) wirkt – wie auch an allen anderen Verhandlungstagen – seltsam unbeteiligt. Als habe das alles nichts mit ihm zu tun.

Nicht einmal, als ihn am Mittwoch der Vater des ermordeten Can († 14) in einer sehr emotionalen Rede direkt anspricht, zeigt Philipp K. eine Gefühlsregung. Cans Vater über ihn und den Attentäter: "Die haben nicht nur neun Menschen getötet, sondern auch ihre Familien. Wir leben nicht mehr, wir atmen nur noch – wegen deinen 4.000 Euro, die du verdient hast."

Philipp K. ist wegen fahrlässiger Tötung in neun Fällen und Waffendelikten angeklagt. Der Marburger hat David S. die Glock 17 und Munition persönlich übergeben, mit der David S. am 22. Juli 2016 acht junge Menschen (14 bis 20) und eine Mutter (45) – alle mit Migrationshintergrund – erschoss.

Bei der Übergabe der Munition soll David S. (18) gesagt haben, er wolle "noch ein paar Kanaken abknallen". Andere Zeugen haben im Prozess ausgesagt, David S. habe gezielt "Musels" (abfälliger Ausdruck, mit dem David S. Muslime beleidigt/die Red.) töten wollen.

Ob der Angeklagte von dem Mordplan wusste, ist eine der entscheidenden Fragen im Prozess. Am ersten Tag ließ er von seinem Anwalt vortragen: "Wenn ich irgendwelche Anzeichen dafür gehabt hätte, was er mit der Waffe vorhatte, hätte ich ihm diese Waffe niemals verkauft." Auch behauptet Philipp K., er habe David S. nicht ernst genommen.

Die Opfer-Anwälte, die die Angehörigen im Prozess vertreten, halten das für eine Schutzbehauptung. Sie sind vielmehr überzeugt, dass Philipp K. sehr wohl von den Mord-Plänen wusste. In diesem Fall könnte er zu Lebenslang wegen Beihilfe zum Mord verurteilt werden.

Die Anwälte wollen Polizeisprecher Marcus da Gloria Martins laden

Doch das Gericht sieht das offensichtlich anders und ist auch nach 13 Verhandlungstagen darauf nicht eingegangen. Am Donnerstag stellten Opferanwalt Yavuz Narin und Rechtsreferendarin Claudia Neher erneut einen Befangenenheitsantrag: "Das Gericht versperrt sich hartnäckig und rechtswidrig seiner Rechtspflicht und versperrt sich einer sachgerechten Aufklärung", so Narin. Philipp K. habe die Tat des Attentäters billigend in Kauf genommen.

Die Anwälte stützen sich unter anderem auf Kontakte aus dem Darknet. Ein User schrieb zum Beispiel: K. "freute sich sehr darüber, dass es endlich mal jemand durchzieht".

Auch die Aussagen einer vierköpfigen Familie aus NRW belasten den Angeklagten – indirekt. Ein Jurist, seine Schwester (eine Bundeswehrärztin) und die Eltern der beiden sagten aus, dass die Ex-Frau des Juristen bereits am frühen Abend des 22. Juli 2016 Insiderwissen gehabt habe. Dieses hatte sie – laut eigener Aussage – von einem, der auch mit dem Angeklagten Kontakt hatte. Da diese Fakten zu diesem Zeitpunkt noch nicht einmal die Polizei wusste, wollen die Anwälte nun Polizeisprecher Marcus da Gloria Martins als Zeugen laden. Der Prozess wird am 6. Oktober fortgesetzt.

Lesen Sie auch: Wäre der tragische U-Bahn-Unfall zu verhindern gewesen?

Lädt
Anmelden oder registrieren

Zum Login
Zu meinen Themen hinzufügen

Hinzufügen
Sie haben bereits von 15 Themen gewählt

Bearbeiten
Sie verfolgen dieses Thema bereits

Entfernen
Um "Meine AZ" nutzen zu können, müssen Sie der Datenspeicherung zustimmen.

Zustimmen
 
0 Kommentare
Bitte beachten Sie, dass die Kommentarfunktion unserer Artikel nur 72 Stunden nach Veröffentlichung zur Verfügung steht.
Noch keine Kommentare vorhanden.
merken
Nicht mehr merken
X

Sie haben den Inhalt der Merkliste hinzugefügt.