Österreich: Münchner Snowboarder (22) im Sessellift vergessen

Alptraum im Sessellift: Der Münchner Dominik Podolsky sitzt sechs Stunden lang in einem Tiroler Skilift fest. Erst als er Geldscheine abfackelt, wird ein Pistenraupenfahrer auf ihn aufmerksam.
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Der Sessellift im Hochzillertal
www.skiresort.de Der Sessellift im Hochzillertal

ASCHAU IM ZILLERTAL/MÜNCHEN - Alptraum im Sessellift: Der Münchner Dominik Podolsky sitzt sechs Stunden lang in einem Tiroler Skilift fest. Erst als er Geldscheine abfackelt, wird ein Pistenraupenfahrer auf ihn aufmerksam.

Am Tag danach ist Dominik Podolsky so heiser, dass er nur ganz leise sprechen kann. Heiser, weil er mit aller Kraft um Hilfe geschrien hat. Sechs Stunden lang war der 22-Jährige in einem Sessellift im Skigebiet Hochzillertal gefangen – bei minus 18 Grad.

Die Betreiber hatten die „Sonnenjet“-Bahn in Kaltenbach um kurz nach 16 Uhr abgeschaltet. Feierabend. Dominik Podolsky saß fest, in rund zehn Metern Höhe. Ausgerechnet an diesem Tag hatte der junge Mann sein Handy vergessen. „Ich habe überlegt, ob ich runterspringen soll“, erzählt er. „Aber dann hätte ich mir wohl beide Beine gebrochen und wäre erfroren.“

Stundenlanges Martyrium

Sein Martyrium endet erst, als Dominik Podolsky auf die Idee kommt, Geldscheine zu verbrennen. Ein Pistenraupenfahrer bemerkt den Feuerschein und schlägt sofort Alarm. „Die Bergwacht hat mir gesagt: Ein paar Stunden länger in der Kälte und ich hätte es nicht geschafft“, sagt der Münchner Auszubildende. Dass er die Nerven bewahrt hat, rettet ihm das Leben.

Zum ersten Mal überhaupt will Dominik am Samstag Snowboardfahren. Er leiht sich ein Brett und wagt sich mit zwei Freunden auf die Piste. Für einen aus der Truppe ist der Tag rasch vorbei – er zieht sich einen Innenbandriss zu. Die anderen beiden Burschen wollen um 16.30 Uhr mit dem Bus zurück nach München. Dominik traut sich die Abfahrt aber nicht mehr zu – und will lieber den Lift nehmen.

Verschwitzt steigt er ein. „Da saß sogar noch jemand im Häuschen“, erzählt der 22-Jährige. Als der Lift stoppt, denkt er an nichts Böses. Wird schon gleich weitergehen. Doch genau das tut es eben nicht. Dominik fängt an zu schreien. Immerhin sind auf der Piste noch ein Skifahrer unterwegs. Niemand hört ihn. Dann wird es dunkel. Und kalt.

Dominik erinnert sich, was sie ihm bei den Gebirgsjägern beigebracht haben. Er achtet darauf, seine Hände unter die Achseln zu stecken. Seine Muskeln anzuspannen. Doch die Kälte macht ihn müde. Immer wieder nickt er kurz ein.

Die Bergbahn weist die Schuld von sich

Pistenraupen fahren vorbei. Ihre Motoren sind so laut, dass alles Rufen nichts nutzt. Da hat Dominik die Idee: Nach und nach zündet er alles an, was er in seinem Geldbeutel hat. Rechnungen. Visitenkarten. Und Geld. Insgesamt 80 bis 100 Euro. Und tatsächlich: Beim letzten Schein bemerkt ein Raupenfahrer den Gefangenen. Eine halbe Stunde später ist Dominik frei. Unterkühlt kommt er in die Klinik. Da ist es bereits 22.30 Uhr.

Inzwischen ist ein Streit entbrannt, wie es zu dem Vorfall kommen konnte. Der Geschäftsführer der Bergbahnen Hochzillertal, Heinz Schultz: „Der junge Mann ist widerrechtlich eingestiegen.“ Er habe Schilder und eine Absperrung ignoriert. Eigentlich dürfe man mit der Bahn nämlich auch tagsüber nicht talwärts fahren.

Dominik Podolsky stellt die Sache ganz anders dar: „Da stand nichts.“ Er und seine Mutter erwägen, Anzeige gegen den Bergbahnbetreiber zu erstatten. Auch warum Dominik nicht früher gefunden wurde, können sie nicht verstehen. Immerhin hatte sein Freund, mit dem er auf der Piste unterwegs war, die Polizei eingeschaltet, als Dominik nicht zum vereinbarten Treffpunkt kam.

Julia Lenders

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