Ochse Lukas – seine erste Wiesn

MÜNCHEN - Löwenbräu setzt beim 175. Oktoberfest auf Schwergewichte. Mit 1100 Kilo geht es am Samstag beim Wirte-Einzug durch die Stadt auf die Theresienwiese.
Am schlimmsten sind die Kanaldeckel. Nur unter größtem Protest bewegt sich Lukas darüber hinweg. „Und das auch nur dann, wenn ich ihm vorher gezeigt habe, dass da wirklich nichts passieren kann“, sagt Besitzer Anton Westermeier. Man ist eben vorsichtig, selbst wenn man 1100 Kilo auf den Rippen hat – und das erste Mal in seinem Leben mit den Wirten auf die Wiesn einziehen darf.
Es ist das Comeback einer jahrhundertealten Tradition: Wenn Samstag früh die Brauereipferde wieder die Fest-Wirte in ihren Wagen aufs Festgelände bringen kutschieren, werden mit Lukas und Jakob erstmals seit über 80 Jahren auch wieder zwei Ochsen dabei sein. Gemeinsam sollen die beiden Schwergewichte aus der Hallertau das Gespann der Löwenbrauerei durch die Stadt ziehen. „Wir sind stolz, dass wir sie erstmals dafür einsetzen können“, sagt Vorstand Günter Kador.
1925 zogen letztmals Ochsen zur Wiesn
Bis in die 20er Jahre wurden Ochsen für den Nahverkehr in und um die Brauerei eingesetzt. Vor allem um riesige Mutterbierfässer und Kohle für das Maschinenhaus zu transportieren. 98 Zugochsen hatte Löwenbräu noch 1911 im Einsatz, die letzten 25 Tiere wurden im Jahre 1925 abgegeben.
Dass Lukas jetzt reaktiviert wird, ist ziemlich aufregend für ihn. Seit Tagen wird der Neunjährige von seinem Besitzer gereinigt. „Lukas ist leider ein ziemlich schmutziges Tier, der wälzt sich ständig im Dreck“, sagt der Rentner aus Attenkirchen, glaubt aber trotzdem, dass sein Schützling beim Wiesn-Wirte-Einzug in München eine gute Figur abgeben wird: „Er ist ein wirklich ruhiger Zeitgenosse und so gutmütig wie ein Schaf.“
Lukas’ Partner macht Westermeier mehr Sorgen: „Jakob ist ein richtiges Sensibelchen. Wenn der angeschrieen wird, dann senkt er den Kopf und geht keinen Schritt mehr weiter.“ Auch Ochsen haben ihren Stolz.
Auf dem Weg geht's an der Ochsenbraterei vorbei
Vor allem aber haben sie eine unbändige Kraft. Bis zum Dreifachen des Körpergewichts können die beiden Zugtiere bewegen. Das Bierfass, das auf dem Löwenbräu-Gespann stehen wird, dürfte beiden deshalb selbst dann kein Problem bereiten, wenn Wiggerl Hagn dort ebenfalls noch Platz nehmen sollte: „Ich würde sehr gerne dort mitfahren“, verriet der Wirt.
Bleibt eigentlich nur noch ein Problem: Auf dem Weg zum Löwenbräu-Zelt müssen die beiden Zugtiere an der Ochsenbraterei vorbei, wo sich bereits ein Artgenosse auf dem Spieß drehen wird. „Wir werden dann lieber auf die anderen Seite schauen“, sagt Westermeier. Sonst wird aus dem ruhigen Ochsen am Ende vielleicht doch noch ein wilder Stier.
Daniel Aschoff