Ochs und Bier am Turm

Hier erzählen Münchner von ihrem Wochenende. Heute: Dieter Schweiger. Den „Obst-Didi“ zieht es auf die Wiesn – gern auch mehrmals täglich.
von  Protokoll: Katharina Blum
Didi Schweiger ist ein Münchner Original. Er hat seinen Obststand am Ausgang der U-Bahnstation Universität - und immer einen flotten Spruch auf den Lippen.
Didi Schweiger ist ein Münchner Original. Er hat seinen Obststand am Ausgang der U-Bahnstation Universität - und immer einen flotten Spruch auf den Lippen. © Petra Schramek

Hier erzählen Münchner von ihrem Wochenende. Heute ist das Dieter Schweiger. Den „Obst-Didi“ zieht es auf die Wiesn – gern auch mehrmals täglich.

Von Dieter Schweiger*

Mein Wochenende beginnt eigentlich erst am Sonntag. Das heißt aber nicht, dass ich mir den Samstag vermiesen lasse. Wie immer stehe ich von 7 bis 20 Uhr an meinem Obststandl, habe dort aber eine riesige Gaudi. Samstags kommen die Fußballfans vorbei, wenn die Bayern oder die Löwen ein Heimspiel haben. Oder mein Stammtisch, der zwar ohne mich zum Frühschoppen geht, aber immer Zeit für einen Ratsch hat.

Abends geht mein Wochenende mit einem Heimatabend los: Meine Freundin Christina kocht uns dann ein wunderbares Abendessen, am liebsten mit Gemüse vom Standl. Oft schmort Ratatouille im Topf, zuletzt gehörten auch Nudeln mit Steinpilz-Rahmsoße zu unseren Leibspeisen. Als Nachtisch steht immer eine Schale Himbeeren auf dem Tisch.

Am Sonntag denkt jeder, dass ich brutal ausschlafe. Aber ich stehe ganz früh auf, weil ich eine Menge erleben möchte. Spätestens um 9 Uhr startet an diesem Wochenende meine Isar-Radltour zur Wiesn. Wie es sich für einen Münchner gehört, bin ich an allen drei Sonntagen präsent. Schließlich gibt es dort urige Trachten zu sehen. Ich trage natürlich auch eine echte Lederhose, wie man sie als Bayer haben sollte – und kein Kasperlgewand.

Mein erstes Ziel ist das Blaskonzert unter der Bavaria. Mir geht das Herz auf, wenn bei der Bayern-Hymne bei den älteren Damen irgendwo ein Taschentücherl gezückt wird. Dann trinke ich noch eine Radlermaß auf der Wiesn, und wenn es mir dort zu voll wird, fahre ich weiter zu meinem geliebten Chinesischen Turm. Dort kommen dann Ochs und Bier auf den Tisch.

Weiter geht die Tour zum Eisbach, wo ich mich eine Stunde zum Schlafen hinlege. Ich hab immer ein kleines Deckerl dabei, aber Lederhose, Weste und Bier halten auch warm.

Nächste Station ist das Tambosi am Hofgarten, dort genieße ich einen Milchkaffee. Dann geht es noch mal zu einer Gute-Nacht-Maß und Brotzeit auf die Wiesn, und vom Mandelhansi nehme ich mir noch gebrannte Mandeln mit. Abends falle ich todmüde meiner Freundin in die Arme.

Ohne Wiesn sieht mein Programm nicht viel anders aus: Ab 9 Uhr genieße ich die Ruhe im Hofgarten, höre dem Brunnen beim Plätschern zu und lese meine beiden Zeitungen, die Abendzeitung und die Süddeutsche. Im Sommer gehe ich zum Schwimmen, im Winter zum Schlittschuhlaufen ins Prinzregentenstadion.

Wenn das Wetter schlecht ist, bringe ich meine Wohnung auf Vordermann. Ich staube meine Schnupftabakdosensammlung ab, mache die alten Bierkrüge sauber, ziehe die Regulatoren meiner Uhren auf undsoweiter. Bis die Wohnung salonfähig ist.

Oder ich gehe ins Valentin-Karlstadt-Musäum am Isartor. Ich bin nämlich stolzer Besitzer einer Ehrenkarte, die haben nur wenige Münchner.

Sonntagabends trifft man mich oft bei meiner Schafkopfturnier-Runde, entweder am Chinesischen Turm oder im Hofbräukeller. Aber nur bis Mitternacht, dann ist es Zeit, in der Holzkiste zu verschwinden. Schließlich bin ich Montagfrüh schon wieder an meinem Standl.


*Dieter "Didi" Schweiger (53) ist der bekannteste Obsthändler der Stadt. Seit mehr als 25 Jahren steht sein weiß-blaues Standl an der LMU.

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