Obdachlose, Arbeitslose, Moslems: Münchner Vorurteile
München - Mit der viel zitierten Liberalitas Bavariae ist es bei vielen Münchnern nicht weit her. Das zeigt eine aktuelle Studie des Instituts für Soziologie an der Ludwig-Maximilians-Universität. Darin ist die „gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit“ in München untersucht worden. Ergebnis: Die stärksten Vorurteile haben die Befragten gegen Obdachlose, Langzeitarbeitslose und gegen Moslems.
DIE TEILNEHMER 1139 zufällig ausgewählte Menschen haben sich an der schriftlichen Befragung beteiligt. Ihr Alter lag im Schnitt bei 48 und sie kommen aus allen Bezirken. Das Bildungsniveau der Studien-Teilnehmer ist hoch. 51 Prozent haben einen Fachhochschul- oder Hochschulabschluss. Projektmitarbeiter Christian Ganser sagt: „Bei solchen Befragungen machen eher höher Gebildete mit.“ Ihr monatliches Haushaltseinkommen lag im Mittel bei 2900 Euro netto.
DIE METHODE Homosexuelle, Frauen, Behinderte, Ausländer – zu den einzelnen abgefragten Gruppen sind je mehrere Kernsätze formuliert worden. „Homosexualität ist unmoralisch“, heißt es da zum Beispiel. Oder: „Die Ausländer kommen nur hierher, um unseren Sozialstaat auszunutzen.“ Die Teilnehmer konnten ihre Zustimmung zu den jeweiligen Aussagen dosieren – in fünf Stufen. Wer bei allen Fragen zu einem Themenkomplex im Schnitt jenseits der dritten Stufe liegt, gilt in der Logik der Studie als Mensch mit feindlicher Einstellung.
DIE ERGEBNISSE 41,3 Prozent der Befragten sind diesem System zufolge islamophob oder haben islamfeindliche Tendenzen. Weil sie Aussagen für richtig halten wie: „Die Sitten und Bräuche des Islam sind mir nicht geheuer“, oder weil sie finden: „Es gibt zu viele Muslime in Deutschland.“ 40 Prozent der Befragten werten Langzeitarbeitslose in ihren Antworten pauschal ab, 23,5 Prozent haben Vorurteile gegen Obdachlose, 14,1 Prozent lehnen Homosexuelle ab. Als frauenfeindlich sind 8,2 Prozent der Studienteilnehmer eingestuft worden, weil sie etwa der Meinung sind, dass Männer mehr Recht auf Arbeit haben als Frauen, wenn die Jobs knapp werden. Antisemitische Tendenzen sieht die Studie bei 12,8 Prozent.
DER STÄDTEVERGLEICH So alarmierend diese Werte auch sind – außergewöhnlich sind sie nicht. Soziologe Ganser sagt: „Hinsichtlich der Islamophobie liegen die Ergebnisse etwa gleichauf mit anderen nicht-münchnerischen Studien.“ Auch bei den anderen Themen gäbe es keine echten Ausreißer. In puncto „Ausländerfeindlichkeit“ haben die Münchner im Vergleich sogar etwas niedrigere Werte erzielt als die Probanden anderer Studien.