OB-Wahl: Münchner SPD kürt Dieter Reiter zum Kandidaten
München - Im feinen Ambiente der BMW-Welt nahmen die Genossen staunend Platz und schauten sich im (natürlich) leuchtend rot angestrahlten Auditorium um. Gut gelaunt wie selten auf ihren Parteitagen, denn gestern Abend hat die Münchner SPD zum ersten Mal nach 20 Jahren wieder einen neuen Oberbürgermeister-Kandidaten gekürt. Zu den Delegierten kamen noch mehr als 100 Gäste, die den historischen Abend mit ihrem „Dieter“ erleben wollten.
Aber ohne den Amts-Ausläufer Christian Ude. Der grüßte – klar – aus Mykonos. Und sie alle waren begeistert, als ihr Kandidat Dieter Reiter in seiner Rede mit Leidenschaft die sozialdemokratischen Herzen erwärmte, und dankten es ihm: 113 Mal Ja – nur einmal Nein. Minutenlanger Applaus. Gerührt und erleichtert dankte Reiter den Genossen für das „Traumergebnis“: „Ich finde das äußerst ermutigend, und es beruhigt mich ungeheuer. Ich fühle mich hier wie zuhause.“ Das sei die nötige Motivation, die Monate bis zur Stadtrats- und OB-Wahl am 16.März Vollgas zu geben.
Die beiden Jungfilmer Lukas Hellbrügge und Noel Krää haben einen lebhaften Film über den OB-Kandidaten gedreht.
Er hat seinen ganzen Charme mitgebracht. In den zwei Jahren, die er als OB-Kandidaten-Aspirant gehandelt wurde, hat er enorm dazugelernt. Unaufgesetzt und locker trat er vor die Delegierten, kein plumpes Anbiedern. Er sprach als der Sendlinger Bub aus den normalen Verhältnissen, der die Hosen seiner Brüder aufgetragen hat, wo der Vater die sechsköpfige Familie allein ernährt hat. „I bin da Dieda, und da bin I dahoam.“
Und so erzählte er munter auf Bayrisch Anekdoten aus dem Leben und spielte auf der sozialdemokratischen Klaviatur: Wie er in der MVG für faire Fahrerlöhne gekämpft hat, wie er bezahlbare Wohnungen schaffen und keine städtischen Einrichtungen verkaufen will. Wie ihn eine alte Dame geherzt hat, die ihre Sachen auf dem Flohmarkt verkaufen muss, um sich München leisten zu können.
Und Reiter erzählte, wo ihn die Verwaltung ärgert. „Ich habe vor Wut fast in den Hörer gebissen“, als er erfuhr, dass die Stadt Wohnungen leerstehen lässt. Auch müsse gegen unzumutbare Schultoiletten energischer vorgegangen werden. Den Chefs der städtischen Kliniken (die „gelinde gesagt in einer schweren finanzielle Schieflage“ steckten) verpasste er schallende Watschn: „Die Stadt braucht keine Belehrung von eigenen Managern. Die sollen endlich ein Sanierungskonzept vorlegen. Ich will einen Plan, wie sie aus der Krise herauskommen. Alles, was sie bisher angeboten haben, ist Flickwerk.“ Und da war auch unverholene Kritik an OB Ude: „Ich werde das zur Chefsache machen.“
Und natürlich nahm Reiter die CSU auf die Hörner. Aber er grenzte sich zum Beispiel in der Verkehrspolitik auch gegen die Grünen ab. „Ich will mit euch München zukunfts- und wetterfest machen“, rief er den Delegierten zu: „Ein München für alle.“ Und sie dankten es ihm. Jetzt hat er schon 401 Termine bis zum großen Wahltag im März – und es werden ständig mehr.
Jetzt ist Dieter Reiter (55) die Nummer Eins. Dabei hat es lange gedauert, bis die Partei und er zueinander gefunden haben. In der engeren Wahl als Ude-Nachfolger waren lange Franz Maget und Julian Nida-Rümelin. Beide wollten am Ende nicht. Dann setzte sich schließlich Reiter im innerparteilichen Wettstreit gegen Sozialreferentin Brigitte Meier und den Fraktionsvorsitzenden Alexander Reissl durch.