OB Ude warnt vor einer Mieterhöhungs-Welle

Münchens OB Christian Ude (SPD) spricht im AZ-Interview über den Wohnwahnsinn in unserer Stadt und über das neue Mietrecht.
Interview: Julia Lenders |
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Münchens Dauer-OB (SPD) fordert bei der Landtagswahl 2013 Horst Seehofer (CSU) heraus.
dapd Münchens Dauer-OB (SPD) fordert bei der Landtagswahl 2013 Horst Seehofer (CSU) heraus.

Münchens OB Christian Ude (SPD) spricht im AZ-Interview über den Wohnwahnsinn in unserer Stadt und über das neue Mietrecht. 

AZ: Münchens Wohnwahnsinn ist DAS Wahlkampfthema. Zuletzt bekam die AZ einige Leserbriefe mit dem Tenor: Ude hätte in all den Jahren als OB schon lange etwas gegen die Mietpreisexplosion tun können. Ärgert Sie das?

CHRISTIAN UDE: Nein, ich teile ja die Auffassung, dass man spätestens seit den 70er Jahren weiß, wie die Miet-Probleme sich in München zuspitzen. Deshalb haben wir auch sämtliche Register gezogen, sowohl beim Mieterschutz, als auch beim Wohnungsbau. Es gibt keine Stadt in Deutschland, die mehr für den Schutz der Mieter in Altbauten in bedrohten Vierteln tut als München. Und schon überhaupt keine Stadt, die mehr Wohnungsneubau ermöglicht durch neue Bebauungspläne und selber durchführt durch städtische Bauvorhaben.

Die Stadt hat doch aber jahrelang ihre Wohnungsbauziele verpasst. Und die Wohnungsbaumittel sind zuletzt nur zur Hälfte abgerufen worden.

Das ist richtig. Die Wohnungsbaumittel konnten nicht alle abfließen. Das lag drei besonders ärgerliche Jahre an einem Urteil des Oberlandesgerichts Düsseldorf, das den Verkauf städtischer Grundstücke an städtische Wohnungsbaugesellschaften blockiert hat. Seitdem dieses Fehlurteil aufgehoben wurde, schnellen die Zahlen wieder in die Höhe. Und was die Wohnungsbauziele insgesamt angeht: Da sind wir ja zu 80 Prozent auf private Investoren angewiesen.

Bauinteressenten beklagen viel zu lange Verfahren im Planungsreferat. Was zum Teil auf den Personalmangel dort zurückgeführt worden ist. Hätte man da nicht mehr aufstocken müssen?

Wir haben erst jetzt, seit die Finanzkrise andere Anlageformen fragwürdig erscheinen lässt und der Wohnungsbau plötzlich wieder attraktiv ist – Stichwort Betongold – eine Bereitschaft von privaten Investoren. Und folgerichtig wird auch das Personal aufgestockt. Das ist schon beschlossen. Die Stadt hat in jedem Jahr ausreichend Baurecht geschaffen – und viel mehr Baugenehmigungen erteilt, als in Anspruch genommen wurden.

Gerade ist ein neues Mietrecht beschlossen worden. Jetzt sollen noch mehr Maßnahmen als energetische Sanierung gelten als bisher – und damit auf den Mieter abgewälzt werden. Was bedeutet das für die Münchner?

Beim Mietrecht sehe ich eine gute und eine schlechte Nachricht. Die gute ist die Beschränkung der Kappungsgrenze bei Mieterhöhungen auf 15 Prozent, was der Münchner Stadtrat seit 1994 verlangt hat. Diese 15-Prozent-Kappungsgrenze ist ein Erfolg, weil sie bei Exzessen einen Riegel vorschiebt. Aber sie ist gar nicht allgemeines Bundesrecht, sondern nur eine Ermächtigung an Landesparlamente, von dieser Limitierung Gebrauch zu machen. Das heißt: Jetzt sind wir voll darauf angewiesen, dass der Landtag auch alle betroffenen Städte in Bayern unter diesen Schutz stellt.

Und die schlechte Nachricht?

Das ist Ihr Stichwort: die Modernisierungsumlage. Da vertrete ich seit Jahren die Ansicht, dass elf Prozent ein völlig überhöhter Prozentsatz sind. (Zur Erklärung: Vermieter können elf Prozent der Sanierungskosten dauerhaft auf die Jahresmiete aufschlagen, die Redaktion). Denn das stammt aus der Hochzinszeit. Aber heute ist die Zinsbelastung des Vermieters viel geringer. So hat der Mieter die Investition bald vollkommen getilgt und muss trotzdem weiter die hohe Miete zahlen.

Da kommt Einiges auf die Münchner Mieter zu, oder?

Die Welle der an sich ja begrüßenswerten energetischen Sanierung wird jetzt mit Milliardenaufwand über die deutschen Immobilienmärkte rollen. Da steht eine richtige Mieterhöhungswelle ins Haus.

Zurück zum Wahlkampf: Seit langem haben Sie die niedrigere Kappungsgrenze gefordert. Die Abschaffung der Studiengebühren war auch Ihr Thema – jetzt wird beides, wenn Sie im Herbst antreten, wohl schon erledigt sein. Angst, dass Ihnen die Themen wegbrechen?

Das ist ja so rührend, dass es heißt, der armen Opposition werden die Themen genommen. Ich sehe das anders: Wir fangen schon vor dem Wahltag an zu regieren. Wir bestimmen die Themen und die Richtung. Und es gibt noch so viele Anliegen – vom Mindestlohn über die Reform des Gymnasiums und die Gemeinschaftsschule auf dem Land –, dass ich gar keine Sorge habe, uns könnte der Stoff ausgehen.

 

 

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