OB Ude nach der Europawahl: "Die Kampagne war schlecht"

Im AZ-Interview spricht der Münchner Oberbürgermeister Christian Ude über die Schwäche seiner Genossen im Land. Er gibt der Bayern-SPD Tipps, will aber keine persönliche Rettungsmission starten.
von  Abendzeitung
Münchens Oberbrügermeister Christian Ude
Münchens Oberbrügermeister Christian Ude © dpa

Im AZ-Interview spricht der Münchner Oberbürgermeister Christian Ude über die Schwäche seiner Genossen im Land. Er gibt der Bayern-SPD Tipps, will aber keine persönliche Rettungsmission starten.

AZ: 6,5 Prozent im Landkreis Garmisch-Partenkirchen, 6,3 Prozent im Landkreis Straubing-Bogen – die Ergebnisse der SPD bei der Europawahl sind teils beschämend, oder?

CHRISTIAN UDE: Das Ergebnis ist nicht nur beschämend, sondern auch alarmierend.

Warum ist die SPD in Bayern so am Boden?

Es gibt drei Faktoren dafür. Zum einen die traditionelle Schwäche der SPD bei Europawahlen. Zum anderen der Verlust der einkommensschwächeren Bevölkerungsgruppen, die sich seit der Agenda-Politik von der SPD nicht mehr vertreten fühlen. Und dann ist da noch der Zusammenbruch sozialdemokratischer Strukturen vor Ort. Die SPD ist vor allem dort schlecht, wo es keine sozialdemokratische Infrastruktur gibt - weder hauptamtliche Kräfte noch aktive Mitgliedschaft.

Auch die Münchner SPD hat bei der Europawahl schlechter abgeschnitten denn je. Nur bei Kommunalwahlen ist sie hier traditionell stark. Können Sie der Bayern-SPD nicht ein paar Tipps geben?

Ich würde gerne Tipps geben, wenn das Interesse daran besteht, sie aufzugreifen. Das erste ist die inhaltliche Stringenz – man kann nicht Europathemen erst kurz vor der Wahl aufbringen. Dann braucht man personelle Angebote. Die SPD- Bewerber waren über Wolfgang Kreissl-Dörfler hinaus nahezu in ganz Bayern unbekannt. Das darf man sich im Zeitalter der Personalisierung nicht leisten. Und dann war auch noch die Kampagne schlecht. Man kann nicht nur den politischen Gegner schlecht machen.

Und abgesehen von der Europawahl – was würden Sie da raten?

Die Bayern-SPD hatte durchaus richtige Inhalte mit den Themen Ganztagsschule, Kinderbetreuung oder Mindestlöhne. Da hatte die SPD eine Vorreiterrolle.

Und warum wählt sie dann keiner?

Die Themen waren zwar richtig, aber es gab keine kompetente Mannschaft, die sich der Bürger als Regierungsmannschaft vorstellen könnte. Franz Maget ist zwar ganz klar ein Sympathieträger – aber danach fehlte es am Unterbau.

Ein bisschen wie bei der Münchner SPD, oder?

Da möchte ich widersprechen. Wir haben in München das exakte Kontrastprogramm – etwa beim Thema Wirtschaft. Da haben wir ein Kompetenzteam wie in keiner anderen deutschen Stadt. Und genau ein solches sozialdemokratisches Kompetenzteam fehlt auf Landesebene völlig.

Warum geht es den Genossen in München besser als im Land?

Das liegt schon an der Ausgangslage. In München gibt es eine sozialdemokratische Tradition, starke Gewerkschaften und es ist eine Uni-Stadt mit aufgeklärtem Publikum.

In München gelten Sie als Heilsbringer der SPD. Hat noch niemand zu Ihnen gesagt: Herr Ude, retten Sie die Bayern-SPD?

Eine große Stadt erfolgreich zu regieren, ist eine Aufgabe, die einen 15-Stunden-Arbeitstag füllt. Da kann man nicht gleichzeitig noch auf anderen Hochzeiten tanzen.

Graut Ihnen schon vor der Bundestagswahl?

Grauen kann man nicht sagen. Das ist eine ernste und reizvolle Herausforderung. Mir graut allerdings vor dem denkbaren Wahlergebnis Schwarz-Gelb! Das wäre nicht so sozialverträglich wie eine sozialdemokratisch gebremste Bundeskanzlerin Angela Merkel.

J. Lenders

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