OB-Nachfolge: Bloß kein Wettrennen der Kandidaten

Die SPD-Kandidaten dürfen sich nur noch an der Basis öffentlich profilieren. Unterbezirkschef Pfaffmann will eine Kampfkanditatur verhindern. Erst kommt der lange Weg durch die Münchner Ortsvereine.
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Wer wird der SPD-Nachfolgekandidat von Christian Ude?
dpa Wer wird der SPD-Nachfolgekandidat von Christian Ude?

MÜNCHEN - Die SPD-Kandidaten dürfen sich nur noch an der Basis öffentlich profilieren. Unterbezirkschef Pfaffmann will eine Kampfkanditatur verhindern. Erst kommt der lange Weg durch die Münchner Ortsvereine.

Kaum hat die Münchner SPD nach jahrelangem Suchen und Zweifeln einen neuen, dynamischen OB-Kandidaten, der auch ernsthaft will, schon wird er von seinem Parteiboss Uli Pfaffmann zurückgepfifffen: Bereits im September hatte Wirtschaftsreferent Dieter Reiter (52) der AZ gestanden, dass er OB werden will – wenn ihn die Partei aufstellt. Am Wochenende hat er das wiederholt. Zum Ärger von Uli Pfaffmann. Die Bewerber sollen sich zurückhalten.

Ein Maulkorb sei das nicht, meinte Uli Pfaffmann, als er Montagmittag eilig zur Pressekonferenz einlud. Aber: „Ich empfehle allen Kandidaten, sich zurückzuhalten.“ Und: „Ich werde es nicht zulassen, dass es ein Wettrennen geben wird.“ Das sei „für alle nicht hilfreich“. Allein die Partei SPD entscheide, wer am Ende aufgestellt wird, „nicht der Kandidat“.

Ist das nun ein Rüffel für den Wirtschaftsreferenten, der offen zu seinem Wunsch steht? „Dieter Reiter hat sich in den jeweiligen Stellungnahmen korrekt verhalten. Er hat gesagt, dass er Kandidat werden und gewinnen will.“

Aber das dürfen er und die anderen Aspiranten anscheinend nicht den fragenden Journalisten erzählen. Denn die Kandidaten sollen sich erst an der Basis vorstellen. Sie dürfen nach Pfaffmanns Order eines nicht sagen: „Ich halte mich für den Besten.“ Die aktuelle Liste der OB-Kandidaten, wie sie der Vorstand der Münchner SPD gerade abgesegnet hat:

Wirtschaftsreferent Dieter Reiter. In den eineinhalb Jahren seiner Amtszeit (er war vorher Vizechef in der Stadtkämmerei) hat er seinem Referat neuen Schliff gegeben.

SPD-Ratsfraktionschef Alexander Reissl (52): Ein Grünen-Fresser, der daraus keinen Hehl macht. Seine robusten Umgangsformen haben ihm in der Partei nicht nur Freunde gemacht. Aber er kann zupacken und scheut auch nicht scharfe Debatten mit „dem Herrn aus dem zweiten Stock“ (also mit OB Ude).

Die neue Sozialreferentin Brigitte Meier (45), die in ihrer Traum-Aufgabe derzeit aufgeht. Vor Jahren hatten SPD-Frauen verhindert, dass sie Bürgermeisterin werden kann, dann hielten die Grünen sie für ungeeignet, Jugendamtsleiterin zu werden. Dabei hat sie Kraft, Durchsetzungsvermögen und viel gesunden Menschenverstand.

Und als „geborenen Kandidaten“, der Unterbezirskvorsitzende Uli Pfaffmann (55). Der sitzt aber auch im Landtag und muss sich im Herbst entscheiden, ob er 2013 wieder für den Landtag antritt oder 2014 die OB-Wahl wagt.

„Das ist das Personaltableau, das wir im Moment ernsthaft betreiben“, sagt Pfaffmann. Alle vier seien geeignet, und alle seien bereit.

Nicht mehr dabei ist Julian Nida-Rümelin, der Philosophieprofessor, frühere Kulturreferent und Kulturstaatsminister hat gestern dezidiert erklärt, dass er nicht kandidieren will. Wie er schon 2008 nicht wollte. Es liegt auch an seinem Alter: 55 Jahre. Er könnte 2014 nur für ein Amtszeit kandidieren. Pfaffmann: „Die Münchner SPD strebt eine nachhaltige Lösung an, uns ist nicht mit einer einmaligen Lösung gedient.“

Die Kriterien für die Kandidaten stehen: Sie müssen sich in den „Kernfächern der Sozialdemokratie“ auskennen, verlangt Pfaffmann: Sozial-, Familien- und Wirtschaftspolitik, Mieten, Zukunftsgestaltung der Stadt, Umwelt und in „liberaler und urbaner“ Stadtgestaltung. „Sie müssen die Sozialdemokratie im Herzen tragen“, erläutert der Parteichef: „Das wird von allen vier erfüllt.“

Nachdem er ihnen ein Windhundrennen verbietet, müssen sie sich jetzt in den Ortsvereinen vorstellen und bewähren. Dann müsse man sehen, wer von den Vieren die besten Chancen hat. Bis zum Herbst will Pfaffmann eine „einvernehmliche Lösung“. Er will also eine Kampfkandidatur vermeiden. Pfaffmann: „Ich erwarte, dass sich alle Kandidaten daran halten.“

Dann druckst er herum, welche Rolle dann einem Mitgliederentscheid zufalle – der laut Satzung möglich ist.

Ein solcher Entscheid sei für den Vorstand nicht zwingend bindend, denn allein der Vorstand mache den Vorschlag. Er sei „frei in der Entscheidung“. Die Mitgliederbefragung sei ein Instrument, „um Eindrücke zu sammeln“. Aber: Der Parteitag ist auch frei zu wählen, wen er will.

Das Vorgehen: Bis zum Herbst stellen sich die Kandidaten auf Wunsch der Basis vor. Pfaffmann ist es „wichtig“, dass sich alle 5000 Münchner Genossen an der Diskussion beteiligen können. Dann wird der Vorstand einen Vorschlag machen. Anschließend (das kann auch Anfang 2012 werden) wird ein Parteitag den Kandidaten ausrufen. Aufgrund von gesetzlichen Fristen kann aber der formale Nominerungsparteitag frühestens im Sommer 2013 sein (18 Monte vor dem Wahltag).

„Die Botschaft an alle Bewerber ist ganz klar“, meinte Pfaffmann: Sich an dieses Verfahren zu halten. „Ich halte mich daran“, sagte Reiter: „Ich habe nur gesagt, dass ich zur Verfügung stehe, wenn die Partei das möchte.“ Willi Bock

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