OB Dieter Reiter gibt Fehler im Umgang mit Corona zu
München - In einem Ordner hat der Arzt und CSU-Stadtrat Hans Theiss eine Liste all jener Ideen abgeheftet, mit denen seine Fraktion Corona in München bekämpfen wollte. Insgesamt sind es mehr als 50 Anträge und Anfragen.
Eine Antwort des Gesundheitsreferats kam manchmal erst nach fünf, sechs oder sieben Monaten. In vielen Fällen wartet die CSU bis heute: Zum Beispiel auf den Antrag vom April, dass München die Intensivbetten ausbauen müsste. Und auf den vom März, dass München eine digitale Corona-Strategie erarbeiten sollte. Auch zu ihrem Antrag vom Februar 2020 hörte die CSU nie mehr etwas. Damals forderte die Partei, dass die Stadt Pflegekräfte zum Beispiel mit kostenlosen ÖPNV-Tickets oder Kita-Plätzen unterstützen sollte.
Arzt und Stadtrat Hans Theiss kritisiert SPD und Grüne
Er habe das Gefühl, das liege daran, dass die Anträge von der CSU kamen, sagte Theiss in der Sitzung des Stadtrats am Donnerstag. Und nicht von der SPD - der Partei, in der der Münchner Oberbürgermeister Dieter Reiter und seine Gesundheitsreferentin Beatrix Zurek Mitglieder sind. Auch die Grünen kritisierte Theiss scharf: "Die Grünen ducken sich weg, tun, als ob sie die ganze Sache nichts angeht." Ihre Frontfrau, also die zweite Bürgermeisterin Katrin Habenschaden, eröffne lieber Radlwege - dabei "spielen sich gerade Dramen" ab.
Für 100 Intensivbetten in München fehlen Pflegekräfte
Tatsächlich beschreibt der Chef der München Klinik Axel Fischer die Lage als dramatisch: Zwischen zehn und 15 Corona-Patienten müssen in den nächsten Tagen voraussichtlich aus München weggebracht werden, weil die Intensivstationen an ihrer Belastungsgrenze angekommen sind.
Die Pflegekräfte seien erschöpft und frustriert, so Fischer. Und zahlreiche Mitarbeiter kündigten deshalb: Für 100 Intensivbetten gibt es laut Fischer zwar die technischen Voraussetzungen, aber nicht das Personal. Gleichzeitig operieren in München viele Fachkliniken weiter Hüften und Knie, weil sie nicht verpflichtet seien, bei der Behandlung von Corona-Patienten zu helfen.
OB Reiter gesteht Fehler ein
Auch Oberbürgermeister Reiter appelliert an die privaten Klinken in München: Von etwa 50 Münchner Klinken beteiligen sich nur 19 an der Versorgung von Covid-Patienten. "Es geht nicht, dass sich die anderen so raushalten", so der OB.
Allerdings gibt Reiter zu, dass auch die Stadt im Kampf gegen Corona Fehler machte. Zum Beispiel meldete das Gesundheitsamt Corona-Fallzahlen falsch, weil die Contact-Tracer nicht hinterherkamen. Der Stadtrat bewilligte deshalb nun 421 zusätzliche Stellen: "Ich habe viel zu lange gehofft, dass die Mitarbeiter das hinbekommen."
Dass es letztlich nicht klappte, sei seine politische Verantwortung. Gleichzeitig wies Reiter darauf hin, dass er bereits im September vorschlug, externe Kräfte einzustellen. Damals gab es rechtliche Bedenken - nun will die Stadt doch ein Callcenter oder eine Zeitarbeitsfirma beauftragen.
Stadt arbeitet weiter daran die Impfbereitschaft zu erhöhen
Besonders wichtig ist aus Reiters Sicht, die Impfkapazität zu erhöhen. Doch auch hier wurden Fehler gemacht - allerdings nicht von der Stadt, wie der OB betont, sondern vom CSU-regierten Freistaat: Es gab schließlich die Maßgabe, die Impfzentren herunterzufahren. Anfang Oktober, so schildert es auch Gesundheitsreferentin Zurek, seien 30 Impfteams "in die Wüste geschickt worden". Medizinisches Hilfspersonal zu finden, sei inzwischen schwer.
Die Stadt arbeite aber weiter daran, die Impfbereitschaft zu erhöhen. Dafür will sie auch Streetworker in die Stadtviertel schicken, auf Social Media und in den Wochenblättern werben. Außerdem bereitet sie gerade die Impfungen für Kinder zwischen fünf und elf Jahren vor. Grüne und SPD hatten vorgeschlagen, dafür zusätzliche Impfstraßen aufzubauen. Der Impfstoff ist zwar jetzt zugelassen. Allerdings rechnet Zurek damit, dass das Impfzubehör, die sogenannten Kinderviales, erst kurz vor Weihnachten eintreffen werden.