"Nur a Viech": Herrchen ließ Bello fast verhungern

München/Erding - Schweigend stehen die Tierschützer am Sonntagmorgen vor der Kirche von Oberneuching im Kreis Erding. Viele haben ihre Hunde mitgebracht – und Plakate: „Warum hat mir niemand geholfen?“ Auf etlichen ist das Bild eines abgemagerten Mischlings mit krummem Rückgrat zu sehen: Bello, der von seinem Besitzer so schwer misshandelt wurde, dass die Veterinäre der Münchner Uniklinik ihn einschläfern mussten. Bello, dessen Schicksal die Menschen in und um München nicht mehr los lässt.
Spaziergänger hatten den Schäferhundmischling Anfang August in einer Kiesgrube bei Niederneuching gefunden. Der 13 Jahre alte, klapperdürre Rüde konnte nicht mehr aufstehen. Die Tierfreunde brachten ihn nach Erding auf den Gnadenhof des Münchner Tierschutzvereins.
„Unserer tierärztlichen Internistin, die sicherlich schon viel Tierleid gesehen hat, sind bei dem elenden Zustand des Hundes die Tränen gekommen“, sagt Pressesprecherin Monika von Tettenborn. Bellos Körper war von Tumoren zerfressen, in seinen Eingeweiden wimmelte es von Maden. Die Veterinäre der Uniklinik bestätigen: „Der Hund machte den Eindruck eines chronisch kranken Tieres und befand sich in einem schlechten Allgemein- und Pflegezustand. Zum Zeitpunkt der Vorstellung hatte der Patient sicherlich hochgradige Schmerzen und Leiden.“ Sie konnten ihm nicht mehr helfen.
Über Facebook fanden die Tierschützer den Besitzer des Hundes, einen etwa 45 Jahre alten Handwerksmeister. Sie bestellten den Mann ins Tierheim und erfuhren Bellos traurige Geschichte: Angeblich war er als Dreijähriger von einem Auto angefahren und dabei schwer an der Wirbelsäule verletzt worden. Sein Besitzer ging mit ihm zum Tierarzt, brach die Behandlung aber wegen der Kosten ab.
Fortan lebte Bello mit angeknackstem Rückgrat, an einer Kette gehalten und abends in einer Garage „verstaut“, zehn Jahre lang. Futter bekam das leidende Tier nur sporadisch. „Ab und zu“ habe er ihm etwas zu Fressen gegeben, sagte der Besitzer den Tierheim-Mitarbeitern. Dann wollte er die Befragung mit den Worten beenden: „Des is doch nur a Viech! Ich spend’ Euch jetzt was, und dann ist a Ruh!“
Doch so einfach wollen die Tierschützer Bellos Peiniger nicht davon kommen lassen. Sie haben Anzeige wegen Tierquälerei sowie wegen Verstoßes gegen das Tierschutzgesetz erstattet. Die Höchststrafe liegt bei drei Jahren Haft. Außerdem will der Tierschutzverein ein Tierhalteverbot erwirken – der Mann hat nämlich noch einen Hund.
Um ihren Forderungen Nachdruck zu verleihen, haben Mitglieder von „Run for animals“ und des Tierschutzvereins gestern in Oberneuching demonstriert.
Am 10. Oktober wollen sich die Tierfreunde mit einer Kundgebung auf dem Odeonsplatz außerdem für das Verbandsklagerecht einsetzen. „Damit könnten auch Tierschutzorganisationen als Kläger oder Nebenkläger auftreten“, sagt Monika von Tettenborn. „Bislang hat nur ein Staatsanwalt das Recht zu ermitteln und anzuklagen. Wenn er das Verfahren einstellt, wird der Fall ad acta gelegt.“ Eine Entwicklung, die sie im „Fall Bello“ unbedingt verhindern wollen.