Nur 1,5 % Frauenquote: "Team Vielfalt" soll Frauen zur Feuerwehr München locken

Ein Kirchenbrand, Einsätze im Schnee und heißer Tee für die Retter: Mehr als 97.000 Mal ist die Feuerwehr in München 2023 alarmiert worden. Weibliche Kräfte waren kaum darunter – es gibt zu wenige.
von  Irene Kleber
Wolfgang Schäuble (l.) ist der Chef der Münchner Berufsfeuerwehr, hier mit KVR-Chefin Hanna Sammüller-Gradl.
Wolfgang Schäuble (l.) ist der Chef der Münchner Berufsfeuerwehr, hier mit KVR-Chefin Hanna Sammüller-Gradl. © Sigi Müller

München - Einen so fordernden Tag wie 2022, als am 20. August erst das Prinze in Flammen stand, dann Zehntausende Menschen zum Helene-Fischer-Konzert auf die Messe pilgerten und schließlich ein heftiges Gewitter Münchens U-Bahnhöfe flutete, hat es letztes Jahr nicht gegeben. Zu tun hatte die Münchner Feuerwehr 2023 dennoch reichlich.

Das lässt sich an den Zahlen ablesen, die Münchens oberster Katastrophenschützer Wolfgang Schäuble und Kreisverwaltungschefin Hanna Sammüller-Gradl (Grüne) am Freitag bei der Jahrespressekonferenz vorgestellt haben – erstmals in der Feuerwache 3 an der Schwanthalerhöhe, wo auch die Not-Leitstelle sitzt.

Großbrand in München: Timofejs Kirche ist bis auf die Grundmauern abgebrannt

97.187 Mal ist die Feuerwehr München alarmiert worden – zwei Drittel der Fälle betrafen den Rettungsdienst, 17.000 Mal ging es um technische Hilfe, knapp 8000 Mal um befürchtete Feuer. Das waren insgesamt zwar 2300 Anrufe weniger als im Jahr davor, aber gebrannt hat es häufiger, nämlich 1435 Mal.

Der Großbrand (von acht insgesamt), der den Einsatzkräften besonders zu Herzen gegangen ist, war der am 11. Juni, als in der Nacht zum Sonntag die Ost-West-Friedenskirche im Olympiapark in Flammen stand – die zauberhafte kleine Sehenswürdigkeit, die der russische Eremit Väterchen Timofej in den 1950er Jahren aus Unrat und Weltkriegsschutt auf dem Oberwiesenfeld gebaut hatte. Obwohl die Feuerwehr schnell vor Ort war, ist das Kirchlein bis auf die Grundmauern niedergebrannt. "Kirchenbrände", sagt Oberbranddirektor Schäuble, "haben wir heute kaum noch." Das habe schon wehgetan.

11. Juni 2023: In der Nacht zum Sonntag brennt im Olympiapark die Ost-West-Friedenskirche komplett nieder – obwohl die Feuerwehr schnell vor Ort ist.
11. Juni 2023: In der Nacht zum Sonntag brennt im Olympiapark die Ost-West-Friedenskirche komplett nieder – obwohl die Feuerwehr schnell vor Ort ist. © Berufsfeuerwehr München

Reanimation: Die Feuerwehr München gibt Anleitung per Telefon

Herausfordernd sei auch ein nächtlicher Dachstuhlbrand in Bogenhausen am 10. Juli gewesen, wo bei der Dachsanierung Holzfaserverbundstoffe verbaut worden waren – ein langer Einsatz für die Berufs- und Freiwillige Feuerwehr. "Wenn klimaneutrale Holzfaserverbundplatten mal anfangen zu glimmen, ist das langwierig und zäh", so Schäuble. Aufreibend war für die Retter auch der massive Schneefall am ersten Dezemberwochenende. 800 Mal sind sie in der Stille der eingeschneiten Stadt ausgerückt – auch zum Schneeschaufeln.

Dass viele Münchnerinnen und Münchner mit "warmen Getränken" zu Hilfe kamen, ist bei der Feuerwehr mit Freude registriert worden. Was die Feuerwehrler übrigens auch können, ist Wiederbelebungen anleiten, per Telefon. Wer die 112 anruft, weil etwa daheim der alte Vater einen Herzkreislaufstillstand hat, bekommt am Telefon exakt erklärt, wie der Bewusstlose hinzulegen ist und die Herzdruckmassage gemacht werden muss, bis der Rettungsdienst eintrifft. 180 Mal haben Kollegen in der Leitstelle das allein in diesem Januar gemacht.

Feuerwehrler in der Leitstelle (hier in der Feuerwache 3) leiten am Telefon auch Wiederbelebungen an.
Feuerwehrler in der Leitstelle (hier in der Feuerwache 3) leiten am Telefon auch Wiederbelebungen an. © Sigi Müller

Unter den Berufsfeuerwehrleuten in München sind nur 24 Frauen

Eine große Unterstützung für die Berufsretter bleibt die Freiwillige Feuerwehr mit 1231 Kolleginnen und Kollegen, die zu 4086 Einsätzen ausgerückt sind (836 mehr als im Jahr davor). Die gute Nachricht: Die Zahl der ehrenamtlichen Retter steigt, 212 neue sind dazugewonnen worden. Wie das kommt? "Wir lassen jetzt auch Menschen zu, die nicht zu viel Technik bedienen müssen", erklärt Schäuble, man brauche ja nicht nur Experten, sondern auch Freiwillige, die etwa Sandsäcke füllen oder Schnee schaufeln.

Nur beim Frauenanteil hapert es. Von den 1661 Münchner Berufsfeuerwehrlern (plus 361 in der Verwaltung) sind gerade mal 24 Frauen. Magere 1,5 Prozent also. Das soll, wenn es nach der grünen Kreisverwaltungschefin geht, das neue "Team Vielfalt" ändern – und der Plan der Stadt, zwei neue Feuerwehr-Berufsfachschulen zu gründen, auf die Schülerinnen und Schüler erstmals auch ohne vorherige technische Berufsausbildung gehen können – also ohne Umwege direkt nach dem Schulabschluss.

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