NSU und die Neonazi-Szene

Die beispiellose Mordserie des NSU-Trios hat nicht nur im In- und Ausland aufgeschreckt. Auch in der Neonazi-Szene hinterließen die Verbrechen Spuren.
dpa |
X
Sie haben den Artikel der Merkliste hinzugefügt.
zur Merkliste
Merken
0  Kommentare
lädt ... nicht eingeloggt
Teilen  AZ bei Google News

Die beispiellose Mordserie des NSU-Trios hat nicht nur im In- und Ausland aufgeschreckt. Auch in der Neonazi-Szene hinterließen die Verbrechen Spuren.

Zwickau – Erst wenige Tage sind die blutigen Taten des Neonazi-Trios NSU bekannt, da taucht die erste Solidaritätsbekundung auf. Bei einem Rechtsrock-Konzert im sächsischen Rothenburg halten Teilnehmer eine Gedenkminute für die „zu Tode gekommenen Kameraden“ ab.

Gemeint sind Uwe Mundlos und Uwe Böhnhardt, die sich am 4. November 2011 nach einen Banküberfall in Eisenach das Leben nahmen. Gemeinsam mit Beate Zschäpe bildeten sie jenes Trio, über dessen beispiellose Mordserie aus Fremdenhass das Oberlandesgericht München demnächst verhandelt. Zschäpe und vier mutmaßliche Helfer des „Nationalsozialistischen Untergrunds“ (NSU) sitzen auf der Anklagebank, doch indirekt auch rechtsextreme Parteien wie die NPD.

Der Berliner Politikwissenschaftler Hajo Funke will als Beobachter gelegentlich in München dabei sein. Er sieht die NPD durchaus betroffen. „Der Imageschaden ist erheblich, auch wenn eine unmittelbare Verbindung der NPD als Partei mit dem NSU und der Mordserie nicht nachweisbar ist“, sagte der Professor.

Funke vertritt die Auffassung, dass die NPD den geistigen Boden für den NSU bestellt hat. Allerdings seien für die Radikalisierung der Szene Leute von weit größerer Bedeutung, die in den 1980er Jahren aus der NPD austraten und in der „Neuen Front“ ihre Ideen bündelten: Michael Kühnen, Christian Worch und Kai Dalek.

Die NPD weist die Rolle als geistiger Brandstifter zurück. „Die NPD hat sich nie mit dem Trio solidarisiert. Die Mordserie wurde von uns scharf und in aller Form verurteilt“, sagt der sächsische NPD- Abgeordnete Arne Schimmer, der für seine Partei im NSU-Ausschuss des sächsischen Landtags sitzt. Für die NPD sei der Döner-Verkäufer an der Ecke weder ein Feind noch ein politischer Gegner. Zugleich räumt Schimmer aber enormen öffentlichen Schaden für die NPD ein – „weil man die Partei zu Unrecht mit den Taten des NSU in Verbindung brachte“.

Dass mit Ralf Wohlleben auch ein früherer NPD-Funktionär auf der Anklagebank in München sitzt, ändert nach Ansicht Schimmers nichts an dieser Tatsache. Man könne eine Partei nicht kriminalisieren, wenn ein Ex-Mitglied mögliche Straftaten begehe.

Als Folge der NSU-Verbrechen, die die untergetauchte Gruppe von Zwickau aus verübte, haben Sachsens Verfassungsschützer in der rechten Szene starke Verunsicherung registriert. Gordion Meyer-Plath, amtierender Chef im Landesamt für Verfassungsschutz, sieht diese Entwicklung sowohl bei Freien Kräften als auch bei der NPD. „Die Partei versucht, die Reihen zu schließen. Da ist dieses Gemeinschaftsgefühl: Seht her, wir sind die verfolgte Unschuld“, sagt Meyer-Plath. Verbote hätten den Verfolgungsdruck für die Szene erhöht.

Sachsen hatte zuletzt im Februar die Nationalen Sozialisten Döbeln verboten. „Die merken, dass die Einschüsse näher kommen“, sagt Meyer-Plath. Das bringe zwar einen gewissen Solidarisierungseffekt, zeige aber auch eine andere Wirkung: „Der größere Repressionsdruck führt dazu, dass sie schon ein bisschen die Köpfe unten halten.“

 

Lädt
Anmelden oder registrieren

Zum Login
Zu meinen Themen hinzufügen

Hinzufügen
Sie haben bereits von 15 Themen gewählt

Bearbeiten
Sie verfolgen dieses Thema bereits

Entfernen
Um "Meine AZ" nutzen zu können, müssen Sie der Datenspeicherung zustimmen.

Zustimmen
 
0 Kommentare
Bitte beachten Sie, dass die Kommentarfunktion unserer Artikel nur 72 Stunden nach Veröffentlichung zur Verfügung steht.
Noch keine Kommentare vorhanden.
merken
Nicht mehr merken
X

Sie haben den Inhalt der Merkliste hinzugefügt.