NSU-Prozess: „Weiterer Schlag ins Gesicht“

Juristisches Kräftemessen vor Gericht: Für die Hinterbliebenen der Mordopfer sei die erneute Verschiebung ein „weiterer Schlag ins Gesicht“, so die Opfer-Anwälte Peer Stolle und Sebastian Scharmer.
Natalie Kettinger |
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Sie sitzt als Nebenklägerin mit ihren Anwältinnen im Gerichtssaal: Adile Simsek (Mitte), Witwe des ersten NSU-Opfers Enver Simsek.
AFP Sie sitzt als Nebenklägerin mit ihren Anwältinnen im Gerichtssaal: Adile Simsek (Mitte), Witwe des ersten NSU-Opfers Enver Simsek.

München - Der zweite Tag im Prozess gegen die mutmaßliche Rechts-Terroristin Beate Zschäpe wird beginnen, wie der erste aufgehört hat: mit einer Flut von Anträgen seitens der Verteidigung. Ob es heute zur Verlesung der Anklage kommt, ist erneut ungewiss.

Für die Nebenkläger ist dieses juristische Kräftemessen nur schwer zu ertragen. Zschäpes Rechtsanwälte und die Vertreter des mitangeklagten Ex-NPD-Funktionärs Ralf Wohlleben hatten bereits am 6.Mai Befangenheitsanträge gegen drei Richter des Münchner Senats gestellt.

Das Oberlandesgericht hatte die Verhandlung daraufhin bis zum heutigen Termin unterbrochen. Mittlerweile hat es die Anträge abgelehnt. Für die Hinterbliebenen der Mordopfer sei die erneute Verschiebung ein „weiterer Schlag ins Gesicht“, so die Opfer-Anwälte Peer Stolle und Sebastian Scharmer. „Über die Befangenheitsanträge hätte im Laufe des 7.Mai entschieden werden können. Sie kamen weder überraschend, noch enthielten sie inhaltlich Neuigkeiten.“

Stolle und Scharmer stehen Gamze Kubasik zur Seite, deren Vater Mehmet 2006 in seinem Kiosk in Dortmund von den Killern des NSU erschossen wurde. Semiya Simseks Vater Enver wurde 2001 an seinem Blumenstand bei Nürnberg ermordet. Die Begegnung mit seiner mutmaßlichen Mörderin am ersten Prozesstag hat die junge Frau stark verunsichert. „Noch immer fragt sie sich, wie sie mit dem Auftritt von Beate Zschäpe umgehen und diesen für sich einordnen soll“, so Simseks Anwälte Stephan Lucas und Jens Rabe.

„Beate Zschäpe, die bei einer anklagemäßigen Verurteilung eine lebenslange Freiheitsstrafe zu erwarten hätte, machte einen entspannten, bisweilen gar fröhlichen Eindruck. In den Verhandlungspausen schien sie sich mit ihren Verteidigern gut zu unterhalten, hie und da wurde auch gemeinsam gelacht.“

Dieses Verhalten der schick zurecht gemachten Hauptangeklagten sei für Semiya Simsek schwer zu ertragen gewesen. „Es war für sie sehr schmerzlich, dass die Angeklagte gar keine Betroffenheit erkennen ließ.“ Einmal hätte Zschäpe sogar Blickkontakt zu Semiya Simsek aufgenommen: „Lange schaute sie zu ihr hin, nicht provozierend, aber auch nicht die Spur befangen: ein irritierend inadäquates Verhalten.“

 

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