NSU-Prozess: Nicht überfrachten
Endlich: Der NSU-Prozess hat nach einigem Gewürge tatsächlich begonnen. Jetzt kann es um die Sache gehen. Wobei man ihn auch nicht mit Erwartungen überfrachten darf – er wird nicht alle offenen Probleme lösen können. Die Morde haben drei zentrale Fragen aufgeworfen. Erstens die nach der individuellen Schuld, vor allem der überlebenden NSU-Frau Beate Zschäpe. Nach dem begangenen Unrecht, dem Verbrechen.
Das wird die Kernaufgabe des Gerichts, nicht mehr und nicht weniger, und das wird noch schwer genug werden. Zu klären wäre zum Beispiel die Frage, wie verwirrt jemand sein muss, um auf die Idee zu kommen, Mitmenschen wegen ihrer Herkunft zu töten.
Zweitens die nach der Rolle der Behörden – warum Verfassungsschutz und Ermittler bei der Suche nach den Tätern so lange versagt haben. Das zu klären, ist nicht der Job des Gerichts. Es war und ist Aufgabe der Untersuchungsausschüsse – aber nicht nur. Die Regierungen sind ebenso gefragt, und man hat nicht den Eindruck, dass die notwendigen Reformen besonders entschlossen vorangetrieben werden.
Drittens die Lage der Opfer, die jahrelang warten mussten, damit verbunden das Verhältnis zwischen alteingesessenen Deutschen und Zugewanderten. Es kann gekittet werden, wenn die Bürger den Eindruck haben, dass sich der Rechtsstaat um Aufklärung und Konsequenzen wirklich bemüht. Daran wird München gemessen werden, aber es geht uns alle an.
- Themen:
- Beate Zschäpe
- NSU-Prozess