NSU-Prozess: Gericht prüft Verbindungen nach Dortmund
Eine Zeugin, die Beate Zschäpe in Dortmund gesehen haben wollte, sorgte im NSU-Prozess für Aufsehen. Vielleicht hatte die Frau aber nur sonderbare Nachbarn – nach neuen Zeugenauftritten scheint eine Verwechslung weiter möglich.
München – Im NSU-Prozess ist das Oberlandesgericht München am Dienstag einer möglichen Verwechslung mit Beate Zschäpe nachgegangen. Nachdem vergangene Woche eine Zeugin berichtet hatte, sie habe Zschäpe 2006 im Garten ihres Nachbargrundstücks in Dortmund gesehen, erschien nun die frühere Nachbarin als Zeugin vor Gericht. Mehr als das, was sie sagte, interessierte hierbei, wie sie aussah - schließlich hatte ihr Mann selbst in Vernehmungen gesagt, seine Frau sehe Zschäpe ähnlich.
Mehr als eine vage Ähnlichkeit war aber kaum zu erkennen: Die 36-Jährige ist in etwa so groß wie die Hauptangeklagte und hatte ihre mittelbraunen Haare zu einem Pferdeschwanz gebunden. „Ungefähr so ähnlich, wie ich Frau Zschäpe bin“, kommentierte Nebenklage-Anwältin Doris Dierbach sarkastisch - Dierbach ist groß und blond und nun wirklich in allen wesentlichen Punkten das Gegenteil der Hauptangeklagten. Was genau die Nachbarin im Garten beobachtet hatte, blieb auch nach dem Auftritt vom Dienstag unklar.
Die Journalistin hatte vergangene Woche ausgesagt, sie habe Zschäpe 2006 kurz vor einem Anschlag in Dortmund gemeinsam mit ihren mutmaßlichen Komplizen Uwe Böhnhardt und Uwe Mundlos gesehen. „Wenn Sie nicht ein perfektes Double haben, Frau Zschäpe, dann glaube ich schon, dass ich das so wiederholen kann“, hatte sie gesagt. Bis dahin gab es kaum Anhaltspunkte dafür, dass Zschäpe auch nur in der Nähe der Mordanschläge war – sie ist als Mittäterin angeklagt, weil sie für die legale Fassade des Terror-Trios gesorgt haben soll.
Der Nachbar der Journalistin, ein bulliger Mann Ende 30 mit größtenteils rasiertem Schädel, sagte ebenfalls am Dienstag aus. Nach seiner Aussage könnte die Beschreibung von Böhnhardt und Mundlos auch auf Bekannte und Verwandte von ihm zutreffen. Mit der rechten Szene habe er aber nichts zu tun, betonte er. Im Laufe der Befragung zeigte sich allerdings, dass die Frage, was „rechts“ ist, bei diesem Zeugen nicht eindeutig zu beantworten ist: Früher, erzählte er, sei er oft im Stadion gewesen – und Sprüche wie „Zick, zack – Kanackenpack!“ hätten dort durchaus dazugehört.
So gab die Befragung des Nachbarn zwar in diesem Prozess ein weiteres Beispiel für dumpfes, fremdenfeindliches Gedankengut – doch für Verbindungen des „Nationalsozialistischen Untergrunds“ (NSU) in die örtliche rechte Szene Dortmunds ergaben sich keine Anhaltspunkte.
Am Nachmittag präsentierte dann eine BKA-Beamtin vergleichsweise klare Indizien für die Verbindungen des Angeklagten André E. zu den Untergetauchten: Auf einer Festplatte, die im Brandschutt der letzten Wohnung der mutmaßlichen Terroristen in Zwickau sichergestellt wurde, fanden sich private Bilder, die unter anderem E.s Frau und seinen Bruder zeigen; außerdem ein Motiv, das als Vorlage für eine der zahlreichen Tätowierungen André E.s gedient haben könnte. E. ist unter anderem wegen Beihilfe zum versuchten Mord und Unterstützung einer terroristischen Vereinigung angeklagt.