NSU-Prozess: Die nächste Pleite
Im Münchner Justizzentrum hat das Verfahren gegen Beate Zschäpe und das Terror-Netzwerk NSU begonnen. Schon nach wenigen Stunden wird der Prozess auf nächste Woche vertagt
München - Mit Hochspannung war der Beginn des NSU-Prozesses erwartet worden. Es begann mit einem denkwürdigen Auftritt der Hauptangeklagten Beate Zschäpe und endete mit der nächsten Enttäuschung. Schon der erste Befangenheitsantrag gegen Richter Manfred Götzl lässt die nächsten beiden Verhandlungstage am Dienstag und am Mittwoch platzen. Weiter geht es erst am 14. Mai.
In der drangvollen Enge des Saals A 101 verantworten sich Beate Zschäpe wegen Mordes, der NPD-Funktionär Ralf Wohlleben und Carsten S. (33) wegen Beihilfe zum Mord sowie André E, und Holger G. als mutmaßliche Unterstützer der NSU. Die bestand aus Uwe Mundlos, Uwe Böhnhardt und Zschäpe. Acht der zehn Opfer von Mundlos und Böhnhardt hatten türkische Wurzeln, in München starb der Grieche Theodoros Boulgarides.
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Nur noch Zschäpe und Wohlleben sind in Haft, Zschäpe droht lebenslang mit anschließender Sicherheitsverwahrung. Alle gemeinsam sind wegen „Bildung einer terroristischen Vereinigung“ angeklagt. Beate Zschäpe, nach Ansicht der Anklage gleichberechtigtes Mitglied der rechts-terroristischen NSU und damit verantwortlich für die zehn Morde, lehnt Manfred Götzl, den Vorsitzendes des Mammut-Prozesses, als befangen ab.
Hintergrund: Götzl hatte angeordnet, dass die Verteidiger vor Betreten des Sitzungssaals auf Waffen durchsucht werden müssen. Das sei eine Diskriminierung der Verteidiger, heißt es in dem Antrag, den der Rechtsanwalt Wolfgang Stahl verlas.
Die Vertreter der Nebenkläger – mehr als 60 Anwälte vertreten 80 Hinterbliebene – reagierten verärgert. „Die verletzte Eitelkeit von Verteidigern ist kein Grund für einen Befangenheitsantrag“, sagte ein Anwalt. „Die Qual der Opfer, die hier sitzen, soll verlängert werden.“ Ein weiterer Nebenklage-Vertreter warf den Verteidigern vor, den Prozess um die „schrecklichsten Verbrechen der deutschen Nachkriegsgeschichte“ zu verzögern. Zschäpes Verteidiger wiesen diese Angriffe zurück. Es gehe lediglich um die Wahrnehmung prozessualer Rechte: „Wir wollen hier niemanden quälen.“
Quälend lange dauerte auch ein zweiter Befangenheitsantrag des Anwalts von Wohlleben. Am Nachmittag schließlich, nach mehreren Unterbrechungen beschloss das Gericht, die Anträge zu beraten – und sich auf nächste Woche zu vertagen.