Notar 14 Stunden ans Bett gefesselt
STARNBERG - Erbschafts-Streit in Starnberg: Ehepaar lockt einen ehmaligen Notar in ihr Haus und fesseln ihn ans Bett. 14 Stunden lang dauert die Geiselnahme - dann stürmt die Polizei das Grundstück und befreit den 83-Jährigen.
Morgens, nach dem Gottesdienst lockte das Starnberger Ehepaar Josef B. (Name geändert), einen alten Freund und ehemaligen Notar, in die Falle. Klaus und Adrienne W. baten ihn um Rat in einem jahrelangen Erbstreitstreit, bei dem um ein millionenschweres Grundstück in Grünwald geht. Zuhause bedrohte das Ehepaar den 83-Jährigen plötzlich mit einer Pistole. Erst nach 14 Stunden gelang es schwerbewaffneten Polizisten, die Geiselnahme zu beenden.
„Schau dir doch mal die Sache an“, baten Adrienne und Klaus W. ihren alten Tennispartner und luden ihn zu sich nach Hause ein. Josef B. zeigte sich hilfsbereit und sagte zu. In dem Einfamilienhaus im Ludwig-Thoma-Weg angekommen, blickte Josef B. plötzlich in den Lauf einer Pistole. Er musste in den Keller gehen. „Dort wurde er mit einer Kette an ein Bett gefesselt“, berichtete Polizeisprecher Heinz Rindlbacher. Das Ehepaar erlaubte dem 83-Jährigen, seine Tochter anzurufen. Er berichtete ihr, dass er sich in der Gewalt von Kidnappern befinde. Die Tochter rief die Polizei.
Beamte umstellten das Anwesen. Spezialkräfte, ausgerüstet mit schusssicheren Westen und mit Maschinenpistolen, gingen in Stellung. Psychologen nahmen Kontakt auf und versuchten, das Ehepaar zum Aufgeben zu bewegen.
Die Erpresser fordern eine Million Euro
Am Telefon forderten Adrienne und Klaus W., dass die bevorstehende Zwangsversteigerung ihres Hauses gestoppt wird. In einem anderen Gespräch verlangten sie eine Million Euro. Andernfalls, so drohten sie, werde dem Notar „etwas passieren“.
Adrienne und Klaus W. hatten jahrelang und durch alle Instanzen hindurch um ein millionenschweres Grundstück in Grünwald geklagt. Die 59-Jährige hätte es von ihren Eltern erben sollen. Wegen eines Fehlers bei der Beurkundung, so der Vorwurf des Ehepaares, sei sie dann aber leer ausgegangen.
In ihrer Verzweiflung schrieben sie an Bundespräsident Horst Köhler und auch an den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte.
Gegen das Ehepaar erging Haftbefehl
Immer wieder wechselten sie die Anwälte, nahmen wieder einen Anlauf vor Gericht und unterlagen, berichten Freunde der Familie. Der Rechtsstreit verschlang ihr Vermögen. Zuletzt stand sogar das Häuschen des Starnberger Ehepaares auf dem Spiel.
Aus purer Verzweiflung und scheinbar letztem Ausweg kidnappten Adrienne und Klaus W. schließlich den 83-Jährigen Notar. Doch der hatte mit dem Erbschaftsstreit oder den finanziellen Problemen des Ehepaares überhaupt nichts zu tun, wie ein Polizeisprecher der AZ bestätigte.
Bis Mitternacht verhandelte die Polizei mit dem Ehepaar. Um 0.30 Uhr stürmte ein Sondereinsatzkommando schließlich das Haus und befreite den Notar unverletzt aus der Gewalt seiner Entführer. Das Ehepaar wurde überwältigt und in Handschellen abgeführt. Gegen beide wurde Haftbefehl beantragt. rah, cl