Nockherberg: Lerchenberg bereut nicht – Politiker zu dünnhäutig
MÜNCHEN - Fünf Monate nach seinem Rückzug vom Nockherberg hat der Kabarettist Michael Lerchenberg die Entwicklung des Derbleckens scharf kritisiert.
„Seit ein paar Jahren hat die Politik den Konsens aufgekündigt, der am Nockherberg herrschte, nämlich: Einmal im Jahr sitzen wir da unten und kriegen eins übergebraten und machen gute Miene zum bösen Spiel“, sagte er in einem Interview der „Süddeutschen Zeitung“ (Donnerstag). Politiker seien immer dünnhäutiger geworden und mäkelten heute oft herum. „Wenn die Politik so weitermacht, dann macht der Nockherberg keinen Sinn mehr.“
Lerchenberg hatte Außenminister Guido Westerwelle (FDP) beim traditionellen Paulaner-Starkbieranstich im März mit einem KZ-Wärter verglichen und damit für einen Eklat gesorgt. Die Vorsitzende des Zentralrates der Juden in Deutschland, Charlotte Knobloch, sah darin eine Verhöhnung der Nazi-Opfer. Politiker aller Parteien stimmten danach in die Kritik ein, Westerwelle selbst schrieb in einem Brief an die Paulaner-Brauerei als Veranstalter: „Mit einem KZ-Wächter verglichen zu werden, geht zu weit.“
Nach drei Jahren als Fastenprediger „Bruder Barnabas“, der den Politikern die Leviten liest, zog sich Lerchenberg daraufhin vom Nockherberg zurück und kam damit einem Rausschmiss zuvor. „Ich wollte mich nicht wie eine Wildsau tagelang durchs Dorf treiben lassen.“
Der langjährige Imitator von Ex-Ministerpräsident Edmund Stoiber (CSU) betonte, er habe als Theatermensch und auch privat immer gegen Rechtsextremismus gekämpft. „Von dieser Seite hätte ich Anwürfe überhaupt nicht erwartet“.
Seine umstrittenen Äußerungen bereue er allerdings nicht. „Ich finde es nach wie vor richtig, dass wir auch auf faschistische Tendenzen in der Politik der FDP hingewiesen haben, die Westerwelle begründet hat“, sagte Lerchenberg der Zeitung. „Sobald ich Menschen in wertvolle und nicht wertvolle unterteile, was sowohl Westerwelle als auch Sarrazin gemacht haben, ist dies ein Kennzeichen faschistoider Politik.“
Er denke zwar heute noch über den Skandal nach, habe aber „kein Trauma“. Und inzwischen kann er der Sache sogar etwas Gutes abgewinnen: „Jetzt muss ich kein schlechtes Gewissen haben, wenn ich mal einen Tag nur eine Zeitung oder gar keine lese.“ Die Paulaner- Brauerei sucht noch nach einem Nachfolger für Lerchenberg.
dpa